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Berlin: Judy Winter und Bob Lenox: Schießen Sie nicht auf den Pianisten!

Diven sind komplizierte Wesen. Nach monatelanger Zusammenarbeit trennte sich Judy Winter von ihrem Komponisten und Pianisten, dem New Yorker Wahl-Berliner Bob Lenox.

Diven sind komplizierte Wesen. Nach monatelanger Zusammenarbeit trennte sich Judy Winter von ihrem Komponisten und Pianisten, dem New Yorker Wahl-Berliner Bob Lenox. Marlene hat andere Pläne. Noch im November feierte das Duo im Renaissance-Theater glamourös die Uraufführung der CD "Judy Winter ... singt Bob Lenox". Heiner Lauterbach und die Grunewald-Fraktion applaudierten heftig, als ihre "Eartha Kitt aus Westend" in rauchiger Stimme mit einem reinen Gesangsprogramm debütierte: "Weiß du noch auf Sylt, da hast du den Wind fotografiert", sang sie, und: "... .lebe deinen Traum".

Seit Sonntag geht die Judy-Winter-Schau unter der Regie von Thomas Fritsch für sieben Tage über die Bühne von Didi Hallervordens "Wühlmäusen" - ohne Bob Lenox. Vier Tage vor der Premiere hat die "Lady de Winter" ihren Begleiter nach der Generalprobe gefeuert, ohne ihm persönlich Gründe für den Rausschmiß zu nennen. "Auf einmal merkte ich, daß Bob die Melodien variierte. Ich bin neu als Sängerin und auf sicheres Backing angewiesen." Die Kündigung mit der Aussicht auf Ausfall-Gage ließ sie durch ihren Musikverleger Alfred Wagner (Duophon) per Handy übermitteln. Dem ist die Sache unangenehm, an die 100 000 Mark hat er in die Produktion investiert, die - hört man das Resultat - ein Risikogeschäft ist. Zwar überzeugt die Musik und bei Judys Gesangsstil kommen Freunde der leichten Muse voll auf ihre Kosten. Doch im Vergleich etwa zu Hilde Knef bleibt Judy Winter auf der Strecke.

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Bob Lenox hört inzwischen lieber die Stimme seines Rechtsanwaltes Thomas Schwirtzek. Der meint: "Es geht nicht nur um Gagenausfall, hier ist ein gehöriger Schadenersatz für Frau Winters Diskreditierung fällig. Auch Diven stehen nicht außerhalb der Rechtsordnung." Dass Lenox das Piano präzise wie ein Uhrwerk spielt, ist stadtbekannt. "Judy hatte arge Probleme mit den Lyrics", bedauert Lenox. "Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld...", weiß Schwirtzek aus Berufserfahrung. Bob Lenox, ein mit allen Wassern gewaschener Vollblutmusiker, der schon in den 80ern für Diven von ganz anderem Kaliber (u.a. zwei Jahre für Esther Phillips) gearbeitet hat, fühlt sich zum ersten Mal in seiner 40-jährigen Karriere verletzt. Schließlich war es Judy Winter selbst, die sich "aus musikalischer Seelenverwandtschaft" für ihr CD-Projekt den amerikanischen Wahl-Berliner Bob Lenox ausgesucht hat. Lenox, der hauptsächlich Filmmusiken komponiert und im vorigen Jahr neben Iris Berben eine Hauptrolle in dem ARD-Thriller "Todesflug" gespielt hat, ist verbittert: "Ich habe ein Jahr lang Energie und Arbeit in Winters Chanson-Projekt gesteckt. Es waren zermürbende Proben in ihrer Wohnung am Kaiserdamm. Ich fungierte wie ein Babysitter. Nach einem gelungenen Probentag sind wir uns manchmal weinend vor Glück in die Arme gefallen."

Guido Schirmeyer

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