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Jürgen Kipp: Gerichtspräsident brachte Kollegen gegen sich auf - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren wollte Jürgen Kipp einen Richter maßregeln. Es hagelte Kritik aus der Juristenvereinigung. Was Thorsten Metzner darüber schrieb.

Er ist der höchste Verwaltungsrichter für Berlin und Brandenburg: Jürgen Kipp gilt als untadeliger Jurist, hat Aufsehen erregende Urteile gefällt, etwa das Aus für das Bombodrom, zum Flughafen Tempelhof oder zum Bebauungsplan am Griebnitzsee. Aber jetzt ist Kipp, Präsident des Oberverwaltungsgerichtes mit Sitz in Berlin, innerhalb der Justiz in Misskredit geraten. Die Neue Richtervereinigung erhebt schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten, nämlich „subtile Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit“, eine „gescheiterte Personalpolitik“ der „harten Hand“, mit der Kipp versuche, Richter gefügig zu machen. Das „beispiellose Vorgehen“ sei „nicht ansatzweise zu rechtfertigen“.

Bei dem Fall, der inzwischen auch den Petitionsausschuss des Potsdamer Landtages beschäftigt, geht es um den Umgang mit dem Potsdamer Verwaltungsrichter Christian Möller. Gegen ihn hatte Kipp 2008 ein Disziplinarverfahren veranlasst. Der Anlass des Verfahrens, das zwei Jahre andauerte, ehe es jüngst vor dem Richterdienstgericht in Cottbus scheiterte, war eine Petitesse. Möller hatte den Zorn des Präsidenten auf sich gezogen, weil er – nicht als Richter, sondern als Privatperson – gegen eine Satzung des Abwasserzweckverbandes in seiner Region klagte und sich mit einem Gartenschlauch von einer Lokalzeitung ablichten ließ: der „kostenlos seinen Garten sprengende Verwaltungsrichter“. Nun war es brisanterweise Kipps Senat am OVG, bei dem die privaten Klagen Möllers liefen. Prompt wurde der Verwaltungsrichter in seinem Job gemaßregelt.

OVG-Präsident Kipp hatte nach der Zeitungslektüre den Vorgang auf die Tagesordnung der nächsten Präsidenten- Dienstbesprechung setzen lassen. Dort wurde ausweislich des Protokolls „diskutiert, ob der Richter in seinem Verhalten gegen das Mäßigungsgebot und die Neutralitätspflicht verstoßen hat“. Genau das warf man Möller dann in dem „Verweis“ vor. Ein Verfahren, das der unmittelbare Vorgesetzte von Möller, der damalige Potsdamer Gerichtspräsident Claus Peter Ladner einleitete. Er sei aus der Präsidenten-Dienstbesprechung „mehr oder weniger mit dem klaren Auftrag“ gegangen, dass dies seine „Dienstpflicht“ sei, schrieb Ladner später. Möller selbst, bei den Präsidenten in Ungnade gefallen, wehrte sich. Im Verfahren konnte er zudem nachweisen, dass offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn es um das „Mäßigungsgebot“ für Richter geht. Er präsentierte Zeitungsartikel, in denen sich Kipp und andere Gerichtspräsidenten öffentlich sehr dezidiert äußerten, ohne Disziplinarmaßnahmen fürchten zu müssen.

Für die Richtervereinigung hat Kipp seine Befugnisse überschritten, indem er versucht habe, einen Richter „mit den Mitteln des Disziplinarrechtes zu maßregeln, weil er eine andere Rechtsauffassung hat“. Das rechtsuchende Publikum müsse sich fragen, „ob die Justiz keine anderen Sorgen hat, als sich mit internen Banalitäten zu beschäftigten“. Das sieht auch der Vorsitzende des Rechtsausschusses im brandenburgischen Landtag, Sven Petke (CDU) so: „Der Fall wirft ein erschreckendes Licht auf das Innenleben der Justiz.“ Kipp selbst wollte sich nicht äußern. Er ließ ans Justizministerium verweisen. Dies wiederum erklärte, zu Personalangelegenheiten keine Auskünfte zu geben. Für Christian Möller ist die Angelegenheit noch nicht erledigt. Er fordert eine Entschuldigung des Präsidenten

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"..

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