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Berlin: Jugend in Deutschland - zwischen Demokratie und Rechtsextremismus

Kriminologe Pfeiffer gab sich erstaunlich zahm - von der einstigen Verurteilung des Krippensystems als Hort des braunen Ungeistes war nichts mehr zu hörenJeannette Goddar In ostdeutschen Bürgerzentren und Hörsälen, in Kirchen und Kneipen ließ er sich beschimpfen. Im Audimax der Humboldt-Universität angekommen, war der einst so angriffslustige Kriminologe Christian Pfeiffer plötzlich zahm geworden.

Kriminologe Pfeiffer gab sich erstaunlich zahm - von der einstigen Verurteilung des Krippensystems als Hort des braunen Ungeistes war nichts mehr zu hörenJeannette Goddar

In ostdeutschen Bürgerzentren und Hörsälen, in Kirchen und Kneipen ließ er sich beschimpfen. Im Audimax der Humboldt-Universität angekommen, war der einst so angriffslustige Kriminologe Christian Pfeiffer plötzlich zahm geworden. Zwar wiederholte er, dass in den neuen Ländern das Risiko eines "erkennbaren Ausländers", überfallen zu werden, etwa 25 mal so hoch sei wie im Westen, wollte aber nicht mehr in der zuvor vertretenen Vehemenz die kollektive Krippenerziehung der DDR für den Rechtsextremismus bei Jugendlichen verantwortlich machen. Er habe, seit er seine Vortrags-Reise im März begann, "viel dazu gelernt", gestand Pfeiffer freimütig, er sei "differenzierter geworden".

So sei er nach wie vor der Ansicht, dass die Kritik an der kollektiven Erziehung in Krippen und Kindergärten zu "etwa 25 bis 30 Prozent" berechtigt sei, weil die Gruppen zu groß, die Bezugspersonen zu viele und die Erziehung zu autoritär waren. Etwa ebensoviele Menschen hätten in der DDR allerdings "sehr gute Rahmenbedingungen" genossen. Auch gestand Pfeiffer zu, mit der Art und Weise der Verbreitung seiner Thesen "viele Menschen wohl sehr getroffen" zu haben. So blieben von den ehemals extrem provokativen Äußerungen des Direktors des Kriminologischen Forschungsinistituts in Hannover lediglich Aussagen übrig wie die, dass ein "autoritär-preußischer Erziehungsstil" in der Ex-DDR nach wie vor weiter verbreitet sei als im Westtteil.

Angesichts von soviel Einsicht blieb die Veranstaltung unter dem Titel "Jugend in Deutschland - zwischen Demokratie und Rechtsextremismus", zu der die Deutsche Nationalstiftung geladen hatte, wider Erwarten relativ zahm. Zwar warf der ehemalige brandenburgische Justizminister Hans-Otto Bräutigam Pfeiffer noch einmal vor, mit seinen pauschalen Aussagen das Gefühl vieler Ostdeutschen, als "Teilnation diffamiert zu werden", noch verstärkt zu haben; das war es dann aber auch schon fast. Und als Pfeiffer auch noch konstatierte, dass es an der "ostdeutschen Basis offenbar wärmer war, als ich das im Westen wahrgenommen habe", wurde es selbst der ostdeutschen Leiterin der Regionalen Arbeitsstelle für Auländerfragen, Jugendarbeit und Schule in Berlin, Anetta Kahane, zuviel: "Wenn man sich nicht an das System angepasst hat, war es mit der Wärme ganz schnell vorbei."

Heftigen Widerspruch erntete Pfeiffer allerdings auch in Berlin mit seiner Forderung nach einer stärkeren Anerkennung von "Pro-Sozialem Verhalten" von Jugendlichen und seiner These, in einem Verein Sport zu treiben sei eine "Art Schutzimpfung" gegen militanten Rechtsextremismus. "Die DDR war geradezu weltberühmt für Breitensport und Leistungssport", kommentierte Moderatorin Liane von Billerbeck nüchtern. Anetta Kahane: "Weder Bach-Patenschaften noch regelmäßiges Training halten Jugendliche davon ab, rechtsxtrem zu sein. Alles, was Sie dadurch bekommen, sind ökologisch oder sportlich engagierte Rechte."

Jeannette Goddar

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