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Schnell und ortsgebunden will die Berliner Staatsanwaltschaft auf kriminelle Jugendliche in Neukölln reagieren. Sie rechnet mit 3500 Fällen jährlich.

© Daniel Reinhardt/dpa

Jugendkriminalität in Berlin: Drei Staatsanwälte für Neukölln

Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) hat ein Pilotprojekt gegen Jugendkriminalität vorgestellt: Drei Staatsanwälte sollen ausschließlich jugendliche Straftäter aus dem Bezirk Neukölln überwachen. Auch das Jugendamt und die Eltern sollen mithelfen.

Von Fatina Keilani

Bei der Staatsanwaltschaft gibt es jetzt drei Kollegen, die sich ausschließlich um kriminelle Neuköllner Jugendliche kümmern. Dies ist ein Pilotprojekt für drei Jahre; Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) stellte es am Mittwoch gemeinsam mit dem Neuköllner Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) vor.

Die Neuerung liegt in der Zuständigkeit für den Ort. Üblicherweise bestimmt sich die Zuständigkeit nach den Anfangsbuchstaben des Namens des Tatverdächtigen; eigens für Intensivtäter wurde im Jahr 2003 eine eigene Abteilung gegründet, damit die Stammkundschaft immer auf feste Ermittler trifft.

Kriminelle Karrieren erkennen und ausbremsen

Es sind aber nicht alle kriminellen Jugendlichen Intensivtäter. 3500 Fälle, schätzt die Staatsanwaltschaft, werden die drei Bezirksstaatsanwälte künftig jährlich zu bearbeiten haben. Ziel ist es, dass durch die Ortsnähe zugleich die Strukturen besser sichtbar werden, in denen sich die Jugendlichen bewegen. So sollen kriminelle Karrieren, die am Anfang stehen, gleich erkannt und ausgebremst werden.

Korrespondierend will Stadtrat Liecke eine neue Abteilung im Jugendamt schaffen und diese an die Bezirksstaatsanwälte andocken. „Für die Jugendlichen ist es bisher zu einfach, alle Beteiligten gegeneinander auszuspielen“, sagt Liecke.

Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Neukölln, Falko Liecke, Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und Oberstaatsanwältin Sigrid Nielsen (v.l.) stellten das Pilotprojekt vor.
Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Neukölln, Falko Liecke, Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und Oberstaatsanwältin Sigrid Nielsen (v.l.) stellten das Pilotprojekt vor.

© Paul Zinken/dpa

Er will, dass sich Jugendamt, Jugendgerichtshilfe, Polizei, Staatsanwaltschaft und Schule abstimmen, damit die Jugendlichen nicht jedem etwas anderes erzählen. Üblicherweise verhindert der Datenschutz den Abgleich; hier könnte eine Lösung darin liegen, von den Eltern Einverständniserklärungen einzuholen.

Eltern mitarbeiten lassen

„In Essen hat man damit gute Erfahrungen gemacht“, sagt Liecke. „Die meisten Eltern wollen nicht, dass ihr Kind straffällig wird, und arbeiten gerne mit.“ Zwei Jahre Vorbereitung brauchte die Justizverwaltung, am 1. Juli beginnen die drei Staatsanwälte in Moabit mit der Arbeit. Für die neue Abteilung des Jugendamts rechnet Liecke erst zum Januar 2016 mit Arbeitsbeginn – so lange dauere die Personalbeschaffung.

Hinter den Kulissen gab es Unmut, weil „mein politischer Gegner“, nämlich Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), sich zum Thema mit einer Erklärung zu Wort meldete. Darin bezeichnet sie die Neuerung als „längst überfällig“. Sie fordert eine speziellere Polizeiarbeit, schnellere Verfahren in der Justiz und kritisiert, dass die Verfahrenszahlen beim „Neuköllner Modell“ seit Jahren rückläufig seien. Dieses hatte die verstorbene Jugendrichterin Kirsten Heisig erfunden; es wird nur auf leichte Kriminalität und einfach gelagerte Fälle angewendet und dient dem Ziel, die Jugendlichen eine schnelle Reaktion des Rechtsstaats spüren zu lassen.

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