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Fast ein Drittel der Berliner gehört einer christlichen Konfession an.

© Foto: dpa

Junge Jünger (Teil 1/4): "Ohne Glauben fehlt mir etwas"

In unserer Serie "Junge Jünger" stellen wir vier junge Menschen unterschiedlicher Konfessionen vor. Was bietet ihnen der Glaube? Im ersten Portrait: Marit, 18 Jahre und Christin.

„Ich habe den Glauben gebraucht, weil ich das Gefühl hatte, dass mir etwas fehlt.“ Das erklärt Marit genauer anhand eines Bildes von einem Eimer mit Löchern im Boden. Man versuche immer, diesen Eimer zu füllen, zum  Beispiel mit Anerkennung, Geld oder Macht. Aber weil das keine positive „Erfüllung“ sei, laufe alles was reingefüllt werde wieder hinaus. Wenn allerdings der Eimer mit dem Glauben gefüllt sei, stopfe dieser die Löcher und schaffe ein „Fundament fürs Leben“. Marit war 14 Jahre alt, als sie die Faszination am Glauben entdeckte. Sie begann in einen christlichen Jugendkreis zu gehen, der schnell ihr Highlight in der Woche wurde. Ihre Gemeinde war wie eine Familie für sie. Marit ist sich sicher: Kirche ist nicht langweilig, sondern lebendig.

Marit
Marit

© privat

All das klingt aus ihrem Mund sehr überzeugend. Doch bei allem Halt, den ihr die Religion bietet, habe sie natürlich auch mal Phasen des Zweifels sowie manche Hoch- und Tiefpunkte. In diesen Momenten sei auch die Gemeinde für sie da gewesen, resümiert die heute 18-Jährige. Sie wurde später selber Mitarbeiterin ihres Jugendkreises, um das zurückgeben zu können, was sie vorher bekommen hatte. "Das ist auch eine seelsorgerische Aufgabe, für die Jugendlichen da zu sein.“

Nächstenliebe macht sie zu einem vollständigen Menschen

Heute sieht sie es kritisch, dass sie schon früh christlich erzogen wurde. Sie findet wichtig, dass man sich als Kind oder Jugendlicher selbst dafür oder dagegen entscheiden kann, ob man glaubt und an was man glaubt. Genau das schätzt sie an ihrer freien Gemeinde, in der es viele junge Familien gibt, die Prediger wechseln und alle kommen können, die an Jesus Christus glauben, egal welcher Konfession sie angehören oder welchen Hintergrund sie auch mitbringen. Die Gemeinde hat eine Kooperation mit der staatlichen Kirche, ist also eine staatlich anerkannte Freikirche.

Marits Haare fallen ins Gesicht und verdecken ihre Augen leicht. Sie hat einen Nasen-Piercing und ein Tattoo am linken Handgelenk. „Incomplete“ steht dort in schwarzer Farbe. Während sie spricht, fällt ihr Blick hin und wieder darauf. Dieses Tattoo soll sie daran erinnern, dass es da etwas in ihrem Leben gibt, das ihre Leere füllen kann. Etwas, das außerhalb des menschlichen Verstandes liegt, größer als unsere Vorstellungskraft. Auch einer ihrer Film heißt so: „Incomplete“.

Filmemachen ist ihr großes Hobby. Mit Freunden hat sie vor dem Abitur einen eigenen Spielfilm gedreht, geschnitten und schließlich im Sommer 2014 im Kino präsentiert. Es geht bei „Incomplete" um ein Mädchen, das sich nicht eins mit sich fühlt. Sie begibt sich auf die Suche nach ihrem unbekannten Vater - und landet bei heimatlosen Jugendlichen auf der Straße. Sehnsucht, Toleranz und gesellschaftliche Probleme sind die großen Themen. Marit möchte nicht irgendwelche Filme machen. Sie möchte damit auf das Schicksal der Menschen aufmerksam machen, die gesellschaftlich ausgestoßen werden. „Ich möchte die Menschen dazu bewegen, selber genauer hinzuschauen, welche Missstände in ihrem Umfeld existieren.“ Nächstenliebe mache glücklicher als jeder Reichtum und jede Macht der Welt, ist sie überzeugt

"Ich kann verstehen, dass es die Jugend nicht abholt"

„Ziemlich beeindruckend finde ich, dass es Menschen in Krisenregionen gibt, für die der Glaube alles ist, was sie haben. Diese Menschen haben durch Gott eine Hoffnung in ihrem Leben.“ Ob sie verstehe, warum viele Jugendliche die Kirche und den Glauben scheuen? „Ich finde gut, dass die Kirche in ihrer Tradition bleibt, aber ich kann auch verstehen, dass es die Jugend nicht abholt, wenn man in einen traditionellen, klassischen Gottesdienst geht. Das ist für junge Menschen nicht lebendig genug. Sie können die Predigten dann nicht direkt auf ihr eigenes Leben beziehen. Das finde ich schade.“

Was sie in Zukunft machen will, ist ihr noch nicht klar. Doch Marit weiß, dass sie etwas für Menschen tun möchte. Ohne Nächstenliebe geht es bei ihr nicht. Ohne Nächstenliebe ist sie nicht eins mit sich, nicht vollständig.

Im zweiten Teil unserer Serie "Junge Jünger" portraitieren wir die Buddhistin Anna.

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Lena Skrotzki

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