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Berlin: Jungelefant Kiri: Fast wie im richtigen Leben

Die Haut schwimmt in einer formaldehydhaltigen Lösung. Die Flüssigkeit eignet sich besser zur Konservierung als Alkohol.

Die Haut schwimmt in einer formaldehydhaltigen Lösung. Die Flüssigkeit eignet sich besser zur Konservierung als Alkohol. Der Rest des Tierkörpers ist eingefroren. Er wird noch gebraucht. Kiri, der viel geliebte Jungelefant aus dem Berliner Zoo, soll "weiterleben" - als Präparat im Naturkundemuseum. Seine Hülle soll dort hinter Glas zu sehen sein. Noch werden Spenden gesammelt für das rund 25 000 Mark teure Verfahren. Erst 7000 Mark sind beisammen. Trotzdem soll Kiri ab Dezember fertig präpariert ausgestellt werden.

Heute vor einem Jahr, am 5. April 2000, entzückte ein Ereignis die Berliner: im Zoo kam ein kleines Rüsseltier zur Welt, der erste Elefantennachwuchs seit 62 Jahren dort. Zwei Wochen später konnten Besucher bei dem Tierbaby vorbeischauen. Einen Sommer lang wurde es zu einer der größten Zoo-Attraktionen. Hartnäckige Kiri-Fans kamen fast jeden Tag. Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt... Kurz vor Silvester dann fand ein Pfleger den kleinen Elefanten morgens tot in seinem Gehege. Er war an einer unerkannten Herpes-Infektion gestorben, die innerhalb weniger Stunden ausgebrochen war und den Herzmuskel angegriffen hatte. Herpes-Viren sind für indische Elefanten wie Kiri besonders gefährlich - auch Kiris Vater war an einer solchen Infektion gestorben. Schon bald war klar, dass Kiri präpariert erhalten und ausgestellt werden sollte.

Im Naturkundemuseum befinden sich die Überreste des Jungelefanten. Ende des Jahres soll daraus ein Präparat geworden sein, dessen Pose an den lebendigen Kiri erinnert. Das Verfahren heißt "Dermoplastik" - eine ganz spezielle Art des Präparierens. "Da spielt viel mit rein: grobe handwerkliche Tätigkeiten, ein bisschen Chirurgie, und am Schluss hat es dann auch viel mit der Arbeit eines Maskenbildners zu tun", schildert Peter Bartsch vom Institut für Zoologie, dem größten Institut am Museum für Naturkunde die Arbeit.

Bartsch und seine Kollegen legen Wert darauf, dass die Präparation von Kiri sorgfältig ausgeführt wird. Damit das Tier auch wiederzuerkennen ist. "Das ist ja gerade das Besondere im Museum, hier kann man den Tieren viel näher kommen als im Zoo und sie in Ruhe betrachten. Da muss dann jedes Detail stimmen, bis zur letzten Borste."

Vor der eigentlichen Präparation steht der Entwurf. Chefpräparator Hans-Sepp Lüdecke hat sich dafür zunächst Fotos und Videoaufnahmen von Kiri angesehen, denn das fertige Präparat soll so natürlich wie möglich aussehen. Mit den ersten Entwurfszeichnungen ist er dann zu den Pflegern im Zoo gegangen, die ihm Korrekturhinweise gegeben haben. Schließlich kannten sie den toten Elefanten ja am besten. "Wenn man sich nur auf Fotos verlässt, kann es sein, dass das Tier gerade in einer ganz untypischen Haltung dasteht", sagt Peter Bartsch.

Der Entwurf ist inzwischen fertig - Kiri soll dastehen, als machte er gerade einen Schritt nach vorne - mit angehobenem Rüssel. Auch ein kleines Gipsmodell hat der Chefpräparator angefertigt.

Anfang Mai wollen sich die Wissenschaftler an die Umsetzung machen. Dazu bauen sie zunächst Kiris Körper aus Kunstharz nach. Modellierung heißt dieser Arbeitsschritt. Die Maße des Kunstharzkörpers müssen genau stimmen - sonst passt hinterher die Haut nicht darauf. Um die Proportionen exakt hinzubekommen, wird das Skelett des toten Elefanten vermessen. Einige Knochen bauen die Präparatoren in das Kunstharzmodell ein. Aber auch die anderen Gebeine werden aufgehoben. Sie kommen in die Forschungsabteilung des Museums.

Parallel zur Modellierung geschieht die Behandlung der Elefantenhaut. Nach und nach wird sie mit Kunststoff durchtränkt, der sie haltbar macht. Am Ende wird der fertige Kunstharzkörper mit der Haut überzogen. Doch auch anschließend tränken die Präparatoren Haut und Fell weiter mit Flüssigkunststoff. Wie lange das wirklich dauern wird, steht noch nicht fest. "Das müssen wir abwarten. Es gibt einfach noch zu wenig Erfahrungen damit", sagt Peter Bartsch.

Wenn das Modell fertig bezogen und konserviert dasteht, kommt an die Reihe, was an Peter Bartsch an die Arbeit von Maskenbildnern erinnert: Die Hautfarbe kontrollieren, eventuell auch nachkolorieren. Ausgefallene Borsten müssen wieder auf der Haut befestigt werden - eine Sisyphosarbeit. Denn junge Elefanten sind stark behaart. Am Ende wird Kiri gekämmt und gebürstet. Allerletzte Aktion: Die Wissenschaftler setzen die Augen in das fertige Elefantenpräparat ein. Auch die werden extra angefertigt, nach Fotos und nach den Augen lebender Elefanten. Im Dezember soll das gesamte Werk fertig sein. Dann ist Kiri wieder zu sehen - im Museum, hinter einer Glasscheibe. Aber seine Fans können ihm trotzdem näher kommen als im letzen Jahr im Zoo.

Die Präparierung Kiris kostet 25 000 Mark; bisher sind 7000 Mark Spenden eingegangen. Wer die Präparierung mit finanzieren möchte kann auf folgende Verbindung überweisen: Naturkundemuseum Berlin, Konto-Nr. 438 88 88 700, Berliner Bank, BLZ 100 200 00, Stichwort "Kiri".

Alex Krämer

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