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Pechsträhne. Nach der Pannenserie der S-Bahn wurde die Bahnzentrale am Potsdamer Platz jetzt auch noch durch einen Kabelbrand blockiert.

© Kai-Uwe Heinrich

Berlin: Kabelbrand legt S-Bahn lahm

Verkehr auf dem Ring und Abzweig nach Schöneweide erheblich eingeschränkt. Bahn-Tower in Mitte von Telefonnetz abgeschnitten

Die Entschuldigungsoffensive der S-Bahn für das vergangene Chaos begann mit Chaos: Nachdem in der Nacht zum Montag nahe dem Bahnhof Neukölln ein parallel zu den Gleisen verlaufendes Kabel auf 100 Meter Länge verschmort war, geriet auf dem Ring und im Berliner Südosten der Verkehr durcheinander. Zudem brach ein Großteil des Telefonnetzes in der Konzernzentrale zusammen, so dass unter anderem die Kundenhotline bis in die Mittagsstunden nicht erreichbar war – ausgerechnet an dem Tag, an dem Neuabonnenten letztmalig die Chance auf zwei Monate freie Fahrt nutzen konnten und viele andere Kunden sich über die Entschädigungsleistungen informieren wollten.

Bei den Fahrgästen waren wegen der Störung wieder einmal Improvisationstalent und Streckennetzkenntnis gefragt. Die S 47 (Spindlersfeld–Südkreuz) wurde großenteils eingestellt; sie pendelte zwischen Spindlersfeld und Schöneweide. Wer aus Südosten den Ring erreichen wollte, musste mit der zur S 8 (Zeuthen/Grünau–Hohen Neuendorf) umdeklarierten S 46 (Königs Wusterhausen–Westend) zum Treptower Park fahren, dort den Bahnsteig wechseln und sich in einen der Ringzüge drängen, die im Viertelstundentakt nach Neukölln pendelten. Weil dadurch der gesamte Ring nicht mehr rund lief, wurde der im Berufsverkehr übliche Fünfminutentakt gestrichen.

Entsprechend überfüllt waren in der Hauptverkehrszeit die Züge, die seit Jahren planmäßig auf dem Ring nur mit sechs statt der möglichen acht Wagen unterwegs sind. Ein kurzfristiges Ankoppeln weiterer Wagen sei wegen des hohen Aufwandes nicht möglich gewesen, sagte S-Bahn-Chef Peter Buchner.

Anders als bei früheren Pannen blieben die Passagiere am Montag aber zumindest nicht völlig ratlos zurück – auch wenn Ansagen und Anzeigen nicht durchweg verständlich und korrekt waren. Ausgerechnet im wichtigen Umsteigebahnhof Südkreuz gibt es in der Ringbahnhalle aber keine Ansagen für den Betrieb der S-Bahn. Hier hat nach Tagesspiegel-Informationen der Bereich Fernverkehr der Bahn durchgesetzt, dass es per Lautsprecher nur Informationen zum Fernverkehr gibt. Auf den elektronischen Anzeigetafeln wurde aber immerhin ausführlich auf den eingeschränkten Betrieb verwiesen.

Zum Bahnhof Köllnische Heide fuhren den ganzen Tag über keine Züge, die Station war nur mit Ersatzbussen erreichbar. Wer Pech hatte, war eine halbe Stunde länger unterwegs als sonst.

Am Abend teilte die Bahn mit, dass die Einschränkungen auch den ganzen Dienstag über bestehen bleiben. Sie bat die Fahrgäste, nach Möglichkeit auch auf Bus, Tram und U-Bahn auszuweichen.

Brandstiftung gilt als mögliche Ursache des Schadens. Ein Brandkommissariat der Berliner Polizei untersucht die verschmorten Kabel, denn auch ein technischer Defekt wird nicht ausgeschlossen. Zudem ermittelt die Bundespolizei wegen „Störung öffentlicher Betriebe“.

Zugleich zerstörte der Brand ein Hauptkabel für die Kommunikation der Bahn: Stundenlang konnten die Mitarbeiter im Tower am Potsdamer Platz und in dem Verwaltungskomplex am Nordbahnhof deshalb nur intern oder per Handy telefonieren. Auch das Kundentelefon der S-Bahn war deshalb nicht zu erreichen. Wegen der gestörten Kommunikation wurde auch die BVG erst nach Stunden über die Ausfälle bei der S-Bahn informiert, so dass dann auch die BVG Hinweise an die Fahrgäste geben konnte. Gegen Mittag funktionierte die Telefonanlage wieder.

Ermittler schließen nicht aus, dass das Lahmlegen der Telefonanlage sogar das Ziel war, falls es sich um einen Brandanschlag gehandelt hat. Wegen des geplanten Castor-Transports auf der Schiene nach Gorleben gilt die Bahn derzeit als besonders anschlagsgefährdet.

Erst Ende 2012 sollen bei der S-Bahn alle Bahnhöfe so ausgestattet sein, dass Fahrgäste überall Informationen erhalten können: durch Ansagen über Lautsprecher oder auf elektronischen Anzeigetafeln, die sich auf kleinen Stationen auf einzeilige Hinweise beschränken. Durch Mittel aus dem Konjunkturprogramm konnte die Bahn hier die Arbeiten beschleunigen.

Ausfälle gibt es derzeit auch bei der BVG. Wie viele Busfahrten am Montag gestrichen wurden, ließ sich nicht klären. Das Unternehmen musste am Donnerstag, wie berichtet, 40 Busse aus dem Verkehr ziehen, um sie nach einer Serie von Bränden kontrollieren zu können.

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