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Berlin: Käse fürs Kaufland

Tvrdošín, km 2250: Eine slowakische Molkerei fühlt sich fit für die EU. Handelspartner hat sie schon

Tvrdošín ist eine Kleinstadt in der bergigen Nordslowakei, in der die Häuser ein bisschen russisch aussehen und in der der Schnee erst im April taut. Am Nordrand der Stadt, zwischen einer Tankstelle an der Landstraße nach Polen und dem nächsten Hang, befindet sich die Tvrdošíner Molkerei. Hier stellen 115 Menschen in finsterster VEBAtmosphäre Käse, Joghurt und Butter her. Sie machen Käsetorten, klassischen Edamer, geflochtenen Käse als Snack, Fruchtquark mit Eierlikör und slowakische Spezialitäten wie den Schafskäse Bryndza sowie geräucherten Ostiepok. Viele dieser Produkte wollen sie ab Mai auch in Deutschland verkaufen. Und nebenbei den heimischen Markt gegen die neue Konkurrenz verteidigen.

„Wir sind mit drei deutschen Handelspartnern im Gespräch“, erzählt Marketingchefin Martina Šuhajová bei Tee und Joghurt in ihrem Büro, das aussieht wie eine Kulisse aus dem Film „Good Bye, Lenin!“. Wer die Partner sind, darf sie noch nicht sagen. Nur, dass man sich gewiss bis zum Mai einig werde – ebenso wie mit Interessenten aus Italien und Österreich. Die neuen Partner hätten die Molkerei meist über das Internet gefunden; Klinken geputzt habe man bisher jedenfalls nicht. „Wir sind auf die EU vorbereitet“, sagt Martina Šuhajová, um im nächsten Augenblick lachend hinzuzufügen: „Aber die EU wird eine große Überraschung für uns.“ Abwarten, Tee trinken und regelmäßig in die Mailbox schauen, so scheint die Devise in Tvrdošín zu lauten.

Ab Mai darf nicht nur der slowakische Käse zollfrei nach Deutschland, sondern auch der von Danone & Co. zollfrei in die Slowakei. „Das sind doch alles Kunstprodukte“, winkt die Marketingchefin ab, als wäre das Thema damit erledigt. „Bei uns ist alles Natur.“ Dass der Joghurt aus Tvrdošín im Laden mehr kostet als der aus dem Westen – ja, das könne schon sein, aber sie habe die Preise noch nicht verglichen. Und dass die Butter, die in der Molkerei unvermeidlich anfalle, bald nicht mehr allein im Regal liegen wird – ja, das sei durchaus möglich. „Es wird schon kein Schock werden“, sagt Martina Šuhajová. Man habe sich ja vorbereitet, indem beispielsweise die Milch für manche Käsesorten jetzt erhitzt werde und die Verpackungen mit Lieferantennummer, Zutaten, Herstellungsdatum, Haltbarkeit und Lagerungshinweisen bedruckt würden. Das müsste auch den EU-Standards entsprechen, sagt die Marketingfrau. Sicher ist sie sich nicht. Neben ihr im Glasschrank stehen vier Ordner: Je einer für Metro, Kaufland, Tesco und Carrefour. Sie sind gut im Geschäft. Und fühlen sich fit für die EU.

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