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Berlin: Kamera im Ruheraum der Therme

Brandenburgs Datenschutzbericht rügt schwere private Verstöße.

Potsdam - Nicht nur Behörden, auch Firmen und Privatleute in Brandenburg ignorieren oft den Datenschutz. Das geht aus dem aktuellen Datenschutzbericht hervor, den die Landesbeauftragte Dagmar Hartge am Dienstag in Potsdam vorstellte. Das 232-Seiten-Werk enthält erstmals Verstöße aus dem „nichtöffentlichen Bereich“, für den Hartge seit 2009 ebenfalls zuständig ist.

Das Ergebnis hat selbst die Experten überrascht. „Wir haben lernen müssen, dass man sich nicht vorstellen kann, was möglich ist“, sagt Hartge. Nicht nur Verwaltungen, sondern auch private Firmen gingen oft schlampig mit sensiblen Daten um. Als „Schreckensthema“ bezeichnet Hartge den Bereich Videoüberwachung. Hier wurden gleich mehrere krasse Auswüchse gerügt. Da ließ etwa ein Privatmann gleich mit drei Videokameras die öffentliche Straße samt Gehweg überwachen, um seinen geparkten Wagen zu sichern – und stellte die Bilder live ins Internet. Grundsätzlich dürfe aber nur „allenfalls bis knapp hinter der Zaungrenze“ des eigenen Grundstücks gefilmt werden. Diese Kamerawinkel würden vor allem in gehobeneren Wohnlagen in Potsdam oft nicht eingehalten. Aufgeführt ist auch ein Schnellrestaurant, das nicht nur den Kassenbereich, sondern gleich den Gastraum mitfilmte. Eine Therme ließ laut Bericht nicht nur die Schließfächer überwachen, was zulässig sei, sondern selbst den „Ruheraum“. Und durch einen anonymen Hinweis wurde die Hartge-Behörde bei einem kleinen Produktionsbetrieb im Norden des Landes fündig, der seine 21 Mitarbeiter gleich mit acht Kameras filmte – als vorbeugenden Diebstahlschutz. Nach der Intervention mussten die Kameras abmontiert werden. Auffällig ist laut Bericht auch das Gesundheitswesen. Gerügt wird eine Arztpraxis, in der Patientenakten im Flur auf dem Prospektständer lagerten, eine Röntgenpraxis, die alte Patientenhefter „mit Name und Geburtsdatum“ bei Ebay anbot. Der Käufer sollte sich verpflichten, die sensiblen Daten zu entfernen.

Bei der Akteneinsicht für Bürger, die Brandenburg als erstes Bundesland zum Verfassungsrecht machte, ist das Land nach Worten der Datenschutzbeauftragten inzwischen „ein Schlusslicht“. Das 1998 beschlossene Gesetz sei so restriktiv, dass es in Brandenburger schwerer sei als in anderen Ländern, Behördenakten einzusehen. Thorsten Metzner

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