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Das am National Institute of Allergy and Infectious Diseases in den USA erstellte Bild zeigt grün gefärbte MRSA-Bakterien, umhüllt von weißen Blutkörperchen.

© National Institute of Allergy and Infectious Diseases/dpa

Exklusiv

Kampf gegen gefährliche Erreger: Berliner Vivantes-Kliniken bündeln Expertise zu multiresistenten Keimen

Bundesweit infizieren sich pro Jahr Hunderttausende Patienten in Krankenhäusern. In Schöneberg entsteht nun ein Zentrum für den Kampf gegen gefährliche Erreger.

Der landeseigene Berliner Vivantes-Konzern hat ein Zentrum für Infektionsmedizin gegründet - die Einrichtung am Auguste-Viktoria-Klinikum (AVK) in Schöneberg soll in den nächsten Tagen offiziell eröffnet werden. Vivantes bestätigte das Vorhaben: Man schaffe ein Zentrum mit besonderer Expertise in der Bekämpfung nosokomialer Infektionen und multiresistenter Erreger – die Ärzte dort werden sich aber auch gefährlichen Viren wie Corona widmen.

Nosokomial werden Infektionen genannt, die sich Betroffene in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung zugezogen haben. In Kliniken sind Erreger oft resistenter, also widerstandsfähiger, weil sie – vereinfacht formuliert – gelernt haben, sich mit allerlei Arzneimitteln zu arrangieren. Als MRSA (ausgeschriebener Fachterm: Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) werden dabei jene Bakterien bezeichnet, die gegen die üblichen, seit Jahrzehnten eingesetzten Antibiotika resistent sind.

Solche MRSA-Keime wurden auch in Berliner Krankenhäusern immer wieder festgestellt. Das Risiko, sich in einer Klinik mit solchen Erregern anzustecken, gilt seit Jahren als hoch; zumindest höher als in den Niederlanden, die für strenges Screening aller Patienten bekannt sind.

Laut einer vor der Pandemie veröffentlichten Studie des Robert-Koch-Instituts infizieren sich jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Patienten in deutschen Kliniken. Je nach Auswertung fangen sich im Jahresschnitt drei Prozent der Patienten im Krankenhaus gefährlich Bakterien oder Viren ein. In Berlin wären das 30.000 Patienten im Jahr.

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Typische Folgen: Harnwegsinfektionen, Lungenleiden, Blutvergiftungen. Zu Jahresbeginn steckten sich in der Vivantes-Humboldt-Klinik in Reinickendorf und dem Schwesterkrankenhaus in Spandau zudem Patienten mit dem Coronavirus an.

Übermaß an Antibiotika begünstigt Resistenz vieler Erreger

Erreger können von den Kranken selbst, aber auch von Besuchern und Personal in eine Klinik getragen werden. Ein Grund für zunehmende Resistenz vieler Erreger liegt in der übermäßigen Anwendung von Antibiotika. Die Mittel verlieren dadurch Wirkung.

Vivantes-Vorstand Johannes Danckert spricht nun von einer "wegweisenden Verschränkung" von Infektiologie und Hygiene. Die Ärzte im neuen Zentrum sollen nicht nur zum Antibiotika-Einsatz forschen, sondern Infektionswellen mit einem digitalen Hygieneportal im Überblick behalten.

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Daten zum Auftreten von Erregern sollen besser gesammelt werden, damit Trends und Ausbrüche schneller erkannt sind. Durch neue „Hygienepläne“ wolle man das Bewusstsein fördern und dazu beitragen, dass bestehende und künftige Hygienevorgaben von allen Beschäftigten, Patienten, Besuchern eingehalten werden. Chefin des neuen Zentrums wird Caroline Isner.

Das Auguste-Viktoria-Klinikum ist bislang vor allem für die HIV- und Aids-Expertise seiner Mediziner bekannt. Anfang 2020 verließen 40 Ärzte und Pflegekräfte im Streit die AVK-Infektiologie. Der Vivantes-Vorstand kündigte damals an, die Disziplin neu aufstellen zu wollen.

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