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Es gibt noch einiges zu klären im Fall Margarete Koppers.

© Robert Schlesinger/dpa

Kandidatin für Generalstaatsanwaltschaft: Berlins Polizei-Vize Koppers immer mehr unter Druck

Als Generalstaatsanwältin müsste Margarete Koppers womöglich gegen sich selbst ermitteln. Und das ist nicht das einzige Problem. Ein Überblick über offene Fragen - und neue Vorwürfe.

Auch wenn Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) seinen Personalvorschlag für Berlins neue Generalstaatsanwältin erst noch vorlegen will – die Entscheidung über die Favoritin im Auswahlverfahren fiel bereits im Januar. Es ist Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers. Aber es werden immer neue Vorwürfe und Interna bekannt. Der Tagesspiegel stieß auf einen Fall, der zeigt, warum sich Koppers intern offenbar nicht wenige Feinde gemacht hat. Und der wirft angesichts der Ungereimtheiten im Auswahlverfahren für die neue Generalstaatsanwältin – inklusive Komplettaustausch der Auswahlkommission – auch Fragen zu Koppers‘ eigener Personalpolitik in der Polizei auf.

Der Fall reicht zurück in die Jahre 2012 und 2013, als Koppers kommissarische und Vize-Polizeipräsidentin war. Es geht um einen gerichtsfest rechtswidrigen Eingriff in ein laufendes Verfahren für eine ranghohe Stelle, nachzulesen in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts. Ein Beamter erwirkte dort 2013 eine einstweilige Anordnung gegen die Besetzung des Postens eines Abteilungschefs im Landeskriminalamt mit dem Rang eines Leitenden Kriminaldirektors. Begründung: Koppers’ eigenmächtiges Vorgehen.

Geklagt hatte ein Referatsleiter, weil Koppers nachträglich sein Zeugnis geändert hatte. Der Mann hatte im Oktober 2012 ein gutes Zeugnis erhalten, ausgestellt vom Erstbeurteiler aus seiner Direktion. Koppers zeichnete als Zweitbeurteilerin das Zeugnis ab und leitete die Auswahlkommission für die Stelle.

Koppers Eingriff machte das Zeugnis fehlerhaft

Monate später, Ende Januar 2013, forderte Koppers den Erstbeurteiler, einen Polizeidirektor, auf, für einen einheitlichen Bewertungsmaßstab das von ihr absegnete Zeugnis nachträglich anzupassen. Das lehnte der Direktor ab. Zumal die Beurteilung längst Teil der Personalakte, also eine rechtskräftige Urkunde war. In einem Vermerk von Ende Februar 2013 stufte Koppers eigenmächtig mehrere Noten des Beamten herab.

Dagegen wurde bei einem womöglich von Koppers bevorzugten Bewerber die Gesamtnote nachträglich heraufgesetzt. Kurz darauf, Anfang März 2013 teilten laut Gericht „sowohl die Frauenvertreterin als auch die Personalvertretung mit“, dass der „Änderung der Beurteilung“ des unterlegenen Beamten „nicht zugestimmt werde“. Mitte April änderte Koppers laut Gerichtsbeschluss sogar „die Beurteilung (...) durch handschriftliche Ergänzungen ab“, sie habe ihre Zustimmung als Zweitbeurteilerin durchgestrichen und damit nachträglich verweigert.

Für die Verwaltungsrichter war dies ein schwerer Eingriff. Für Beamte und für Gerichte müsse die dienstliche Beurteilung plausibel sein. Es sei „nicht erkennbar, dass Vizepräsidentin Koppers ausreichende Kenntnis“ über „die erbrachten Leistungen“ des Beamten hatte, sie ihr Urteil nicht auf „eigene Wahrnehmungen (...) stützen konnte“. Ihre Darstellung sei nicht plausibel, ihr Vorgehen nicht zu begründen. Wegen ihres Eingriffs sei das Zeugnis fehlerhaft.

Vor dem Verwaltungsgericht kam auch zur Sprache, ob Koppers rechtswidrig handelte. Die Richter hielten fest, dass es „offenbleiben“ könne, ob Koppers „zur nachträglichen Abänderung“ des Zeugnisses „überhaupt berechtigt war“. Konkret stand die Frage im Raum, ob Koppers Urkundenfälschung begangen haben könnte. Darauf wollten sich die Verwaltungsrichter nicht einlassen.

In einem weiteren Fall prüft die Staatsanwaltschaft Hinweise

Strafrechtlich nicht ausgestanden ist dagegen die Affäre um kontaminierte Schießstände der Polizei. Sollte Koppers Generalstaatsanwältin werden, könnte es zu einer kuriosen Situation kommen: Die ihr dann unterstehende Behörde könnte gegen sie ermitteln. Wie berichtet, wird seit 2015 wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt wegen Unterlassung ermittelt – gegen unbekannt. Wegen fehlender Belüftung war die Schadstoffbelastung aus Rückständen des Schießpulvers enorm hoch. Vor allem ein Giftstoff war bei Schießtrainern in hoher Konzentration im Blut festgestellt worden, einige sind schwer erkrankt.

Koppers soll Ende 2011 als kommissarische Polizeipräsidentin von einem Gutachten erfahren haben, das wegen akuter Gesundheitsgefahr durch kontaminierte Atemluft die Schließung der Schießstände empfahl. Geschehen ist nichts. Die Staatsanwaltschaft erklärte auf Anfrage, ob nun nicht mehr gegen unbekannt, sondern gegen Koppers ermittelt werde: „Wir prüfen die neuen Hinweise.“ Die Oppositionsparteien AfD und CDU riefen Koppers am Freitag dazu auf, ihre Bewerbung zurückzuziehen.

In einem weiteren, bestätigten Fall ruhen die Ermittlungen. Auslöser ist die Strafanzeige eines Oberkommissars. Er selbst soll eine Razzia an Rocker und Journalisten verraten haben, ist seit 2012 suspendiert. Das Landgericht ließ den Anklagevorwurf des Geheimnisverrats jüngst nicht zu – wegen mangelnden Tatverdachts.

Auch bei Koppers Konkurrentin gab es politische Ränkespiele

Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde am Kammergericht ein. Scheitert sie, wird das Verfahren eingestellt, dann käme Koppers ins Spiel. Der Beamte hatte sie wegen übler Nachrede angezeigt. Vor SEK-Beamten soll sie gesagt haben, dass die undichte Stelle in den Reihen des SEK vermutet worden sei, nun habe man aber „den Richtigen“. Namentlich nannte sie den Beamten laut Staatsanwaltschaft nicht. Der fühlte sich aber identifiziert. Koppers wies den Vorwurf stets von sich. Doch die SEK-Beamten wurden noch nicht als Zeugen gehört.

Und Koppers Konkurrentin im Rennen um den Posten der Generalstaatsanwältin? Susanne Hoffmann hat eine stete Karriere als Staatsanwältin hingelegt, erst in Berlin, dann als Vize-Generalstaatsanwältin in Brandenburg. Dort ist sie nun Abteilungsleiterin im Justizministerium, überwacht die Staatsanwaltschaften. Auch ihre Laufbahn war von politischen Ränkespielen begleitet. Etwa als sie 2005 das damals CDU-geführte Justizministerium zur Leiterin der Staatsanwaltschaft Potsdam machen wollte, aber an Formfehlern scheiterte. Oder als sie vom Linken Ex-Minister Volkmar Schöneburg strafversetzt wurde, was scharfe Proteste des Richterbundes provozierte.

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