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Kanten statt kuscheln: FDP-Spitzenkandidat Meyer trotzt dem Umfragetief

FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer ist zu Gast bei "Treffpunkt Tagesspiegel" - und gibt sich trotz der schlechten Umfragewerte optimistisch.

Es gibt Tage, da muss man stark sein. Der Dienstag war für Christoph Meyer, den Spitzenkandidaten der FDP, so ein Tag. Andere Menschen bekommen zum 36. Geburtstag Glückwünsche zu hören – für Meyer gab es schlechte Nachrichten. Den Tag über beherrschte das Gezerre um Außenminister Guido Westerwelle den Wahlkampf des Berliner FDP-Chefs. Abends, als Gast beim „ Treffpunkt Tagesspiegel“, hörte Meyer zur Begrüßung, in der jüngsten Umfrage sei die Berliner FDP mit nur noch drei Prozent gemessen worden.

Meyer ließ sich seine durchaus spürbare Freude am Wahlkampf nicht trüben. Überhaupt hat der liberale Spitzenkandidat in diesem Wahlkampf, der nicht heiß werden will, ein Alleinstellungsmerkmal: Während alle anderen in der politischen Mitte kuscheln und wenige Kanten zeigen, argumentiert der FDP-Kandidat mit Prinzipien. Beispiel S-Bahn-Sanierung: Für Meyer ist die S-Bahn ein Beweis dafür, dass staatliche Monopolisten nichts taugen. Die Bahn habe die S-Bahn „kaputtoptimiert“. Ein Rückkauf durch das Land Berlin würde an der Monopolstruktur nichts ändern – Konkurrenz müsse entstehen. Das Beispiel Kopenhagen zeige, dass Wettbewerb den Preis dämpfe.

Überhaupt – der Umgang mit dem Geld. Die Serie der brennenden Autos habe dazu geführt, dass sogar die Grünen mehr Polizisten wollten. Meyer sagte, der Staat solle sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und zunächst mal so viele Polizisten ausbilden, wie im Stellenplan vorgesehen. Derzeit fehlten 300 Beamte. Der öffentliche Dienst könne mit 93 000 Stellen auskommen, so Meyer – das sei dann Hamburger Niveau. Im Haushalt sieht der Liberale ein Sparpotential von 400 bis 500 Millionen Euro. Dazu gehören der Öffentliche Beschäftigungssektor und das Quartiersmanagement. Das Quartiersmanagement habe die Abwärtsentwicklung vieler Kieze nicht verhindern können, so Meyer. Dagegen entwickele sich ein Quartier immer dann, wenn privates Kapital investiert werde, nach oben. Was Linke gern als böse Gentrifizierung bezeichnen – die Aufwertung von Kiezen durch private Investoren –, gehört für Meyer zur positiven Entwicklung Berlins. Heute könne man eben nicht mehr erwarten, in der Nähe des Potsdamer Platzes für fünf Euro pro Quadratmeter zu wohnen.

Das hört nicht jeder gern – was Meyer nicht kümmert. Er hantiert sogar im Wahlkampf mit sperrigen Begriffen, um die Lage der Stadt und die Pläne der FDP zu beschreiben. Berlin sei geprägt durch eine hohe „Regelungsdichte“ und durch eine gewisse „Lebensstilintoleranz“. Die Regelungsdichte zeige sich daran, dass die Umweltzone nicht hinterfragt werde, obwohl sie nichts gebracht habe. Die Intoleranz zeige sich am politischen Umgang mit den brennenden Autos, die monatelang hingenommen worden seien.

Der kleine Unterschied zu denen, die aus Sicht Meyers in der Mitte und links davon Wahlkampf machen, war bei dieser ersten von fünf Kandidatenvorstellungen deutlich zu erkennen. Meyer erwartet, dass das für mehr als fünf Prozent reicht. Das letzte Argument des FDP- Manns für die Wahl der FDP war ein mathematisches: „Für die Stadt wäre es am wichtigsten, wenn Rot-Rot drei verhindert wird.“ Werner van Bebber

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