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Karaoke darf nicht mehr jeden Sonntag: Neue Töne im Mauerpark

Die Karaoke-Nachmittage stehen in jedem Reiseführer – jetzt verschärft der Bezirk die Auflagen. Um Lärm geht's diesmal aber nicht. Dafür um Müll und Chancen für andere Veranstalter.

Der Typ war irgendwie schon immer da, an fast jedem sonnigen Sonntag. Kurz vor 15 Uhr kam Joe Hatchiban um die Ecke geradelt und baute seine mobile Karaokeanlage im Amphitheater des Mauerparks auf. Da warteten bereits oft hunderte Menschen auf den Iren. Schnell wurden es immer mehr, manchmal fast 2000. Sie johlten und feuerten die Leute an, die sich vor sie stellten und zum Mikrofon griffen und sangen. Das Spektakel steht längst in jedem Berlin-Reiseführer. Doch nun darf Hatchiban das Event nicht mehr jeden Sonntag veranstalten.

„Die Sondernutzungserlaubnis wird nur noch durchschnittlich alle zwei Wochen ausgestellt“, sagt Jens-Holger Kirchner (Grüne), der Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung. Hatchiban habe nicht zusagen können, den Müll zu entsorgen und den illegalen Handel mit Getränken und Snacks zu unterbinden. Außerdem sollen andere Veranstalter sonntags eine Chance bekommen, im Amphitheater einmal aufzutreten. „Wir hatten bisher viele Anfragen, das war aber nicht möglich“, sagt Kirchner. Bisher durfte Hatchiban seit 2009 von März bis Ende Oktober jeden Sonntag spontan entscheiden, ob er das Karaoke-Event anbiete. Nun soll er 1500 Euro für bislang zwölf genehmigte Sonntage zahlen – das nächste Mal am 20. und 27. Mai. Probleme mit Lärm habe die Karaoke nie gemacht, sagt Kirchner.

„Es geht gar nicht um die Häufigkeit, sondern ums Spontane“, sagt Hatchiban. „Und 1500 Euro sind ein Haufen Geld.“ Dennoch wolle er erst einmal ohne Sponsor weitermachen. Ein Müllproblem im Theater sieht er nicht. Dem Mauerpark will er trotzdem treu bleiben und abwarten, wie es dieses Jahr läuft. Aber es gebe auch andere gute Orte in Berlin, wo er mit seiner Anlage aufbauen könne.

Weil jeden Sonntag mehr als 30 000 Leute in den Mauerpark kämen, vergleicht ihn Kirchner mit einem OpenAir-Festival – nur dass halt die Infrastruktur wie Toiletten, Imbissbuden und Security fehle. Doch ein Veranstalter, der sich um Müll und Toiletten kümmere, „wäre eine Möglichkeit“. Der Charakter des Parks solle aber nicht zerstört werden.

Die Mauerparkfans laufen gegen derlei Ideen Sturm. „Unsere große Angst ist die Kommerzialisierung“, sagt Alexander Puell vom Verein Freunde des Mauerparks und meint Veranstaltungen mit Imbissbuden und Großsponsoren. Der Park solle spontan kulturell genutzt werden können. Dass Joe Hatchiban nun Konkurrenz bekommt, stört den Verein allerdings nicht. „Wir sind froh, dass es Karaoke gibt. Aber wir sind auch offen für Neues“, sagt Alexander Puell.

Und es gibt in der Tat Neues im Mauerpark. Die unterspülten Sitzquader am Rand des Amphitheaters wurden stabilisiert, sagt Kirchner. Am Hang ums Theater herum wurden Bäume gepflanzt, die von gekreuzten Holzkonstruktionen gestützt werden. Sie sollen auch verhindern, dass die Besuchermassen der Karaokeshow das Grün zertrampeln.

Die neuen Müllcontainer sollen durch Modelle eines anderen Anbieters ersetzt werden. Es gebe technische Probleme bei Einwurf und Entleerung, sagt Kirchner. Zudem seien sie nicht feuersicher. Erste Erfahrungen mit den neuen Lärm-Richtlinien, die Anwohner vor Krach bis in die Nacht schützen sollen, werden bald mit allen Beteiligten besprochen, sagt Kirchner. Ganz klar ist offenbar nicht alles: „Es wurden auch Bands weggeschickt, die nach unserem Verständnis hätten bleiben dürfen“, sagt Puell.

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