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Berlin: Karawane der Kleinen

Mit mehr als 1000 Teilnehmern zog der Kinderkarnevalszug durch Kreuzberg. Über das Straßenfest schoben sich Zehntausende

Die kleinen Waldfeen schnauften schon auf dem Weg von der U-Bahn zum Mariannenplatz tief durch. Ganz schön heiß war’s in Kreuzberg. Die Fabelwesen in ihren grün-gelben Gewändern, die mit Baumblättern behangen waren, freuten sich über jede Wolke, die sich ab und zu vor die Sonne schob und Abkühlung brachte. „Ein Hut, ein Stock, ein alter Mann. Vorwärts, rückwärts, seitwärts ran. Hacke, Spitze, hoch das Bein!“, probten sie den Schlachtruf mit ihren zarten Stimmchen im Chor. Dann reihten sich die Waldfeen in die Karawane des Kinderkarnevals der Kulturen ein. Auch in diesem Jahr zogen wieder mehr als 1000 Kinder beim Kostümumzug vom Mariannenplatz zum großen Kinderfest am Görlitzer Park.

Zehntausende standen schwitzend an den Straßen und sahen sich den knallbunten Umzug der Kleinen an – und konnten sich damit schon mal auf den heutigen großen Karnevalsumzug einstimmen. Mindestens ebensoviele Besucher schoben sich bis zum Abend über das Straßenfest am Blücherplatz. Noch bis zum Pfingstmontag sollen hier Berliner und Touristen in internationale Feierlaune gebracht werden. Zwischen den 380 obligatorischen Nudelchinapfannenbratwurstfalafel-Buden und den Sonnenbrillenschmuckgürtelkunsthandwerk-Ständen finden sich aber auch ungewöhnlichere Vergnügungsangebote. So kocht Ali Altun auf einer Gasflamme in einem Kupferkännchen original türkischen Mokka. Und als „Showeffekt“, wie er sagt, schleudert er das kleine Mokka-Tässchen auf seinem Messingtablett in einem Salto durch die Luft. „Swuush!“ Die Tasse bleibt am Tablett. „Physikalisches Gesetz“, sagt Altun und grinst. Schräg gegenüber wartet das Shiatsu-Massageteam auf entspannungswillige Festbesucher. Wessen Schultern verspannt und Energiebahnen blockiert sind, der kann es sich hier auf den speziellen Massagestühlen, „die von der Form her einem Embryo im Mutterleib angepasst sind“, bequem machen. Je nach Dauer wird für 10 bis 17 Euro mit Hilfe der fernöstlichen Heilkunst sanft geknetet, gezurrt, gezogen und gedehnt.

Dieses Wellness-Programm hatten die kleinen Teilnehmer der Kinderparade nicht nötig. Sie entspannten ganz automatisch im Rhythmus der Samba-Trommeln – meint zumindest der Leiter der Musikschule „Sambaniño“, Achim Seidel. Auf dem Trommelwagen gab der zehnjährige Wanja den Rhythmus vor. Stolze Eltern an den Straßenrändern zückten ihre Digitalkameras und wollten den bunten Zug ins Bild bekommen. Das Motto des diesjährigen Umzugs lautet: „Flax mit dem Dachs“. Doch weil heutzutage nicht mehr jedes Kind gleich an das Tier denkt, sondern manche auch an Börse, Geld und den gleichlautenden Aktienindex, trägt der aufgemalte Dachs am Trommelwagen einen dicken Geldsack auf den Schultern. Tanja Buntrock

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