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Berlin: Karnevalszug: Die rheinische Liebesparade

Die Gegner des Regierungsumzugs haben es kommen sehen - jetzt ist es wirklich so weit. Die Rheinländer machen die Berliner völlig jeck: Mit dem ersten Karnevalsumzug seit über 40 Jahren am Sonntag durch die Innenstadt in Mitte.

Die Gegner des Regierungsumzugs haben es kommen sehen - jetzt ist es wirklich so weit. Die Rheinländer machen die Berliner völlig jeck: Mit dem ersten Karnevalsumzug seit über 40 Jahren am Sonntag durch die Innenstadt in Mitte. Was manche bisher aus sicherer Entfernung auf dem Fernsehbildschirm verfolgten, können Faschingsfreaks am 25. Februar ab 13.11 Uhr geschlagene vier Stunden an der Wilhelmstraße über Unter den Linden bis vorm Roten Rathaus live miterleben. Dabei soll es rund 15 Zentner so genanntes Wurfmaterial über die Köpfe der Schaulustigen regnen, während etwa 50 Gruppen mit Festwagen und Musikzügen durch die Ost-City ziehen. Nach Auskunft von Elke Band, Schriftführerin des veranstaltenden "Karnevalszug Berlin e.V.", haben sich bislang 1095 Teilnehmer für die kostümierte Liebesparade angemeldet.

Zu den Missionaren rheinischen Frohsinns gehören unter anderem die "Karnevalsgesellschaft Fröhliche Elf e.V." und der "Verein der Aachener zu Berlin", hinzu gesellen sich aber auch Kaufhof am Alex und die Diskothek "Tollhaus". Angeführt wird der Zug vor den Augen der erwarteten 100 000 Greenhorn-Karnevalisten vom Berliner Prinzenpaar, Thomas I. und Brigitta I.. Zum Ende des Zuges trifft sich alles im Partyzelt der Bonner Kneipe "Ständige Vertretung" auf dem Alex.

Beim ersten Umzug seit Jahrzehnten wird es wohl eher gezügelt zugehen. "Jegliche Verwendung von Heulsirenen und Starktonhörnern sowie das Abspielen von Techno-Musik ist untersagt", steht schon im Anmelde-Kleingedruckten. Schließlich sind wir hier nicht bei der Love Parade. Und: "Für Fahrzeugführer und Zugordner besteht absolutes Alkoholverbot." Nüchtern sieht man den Jokus auch bei der Polizei: Der Karnevalsumzug fällt als so genanntes althergebrachtes Brauchtum nicht unter das Versammlungsgesetz - eine Sondernutzungsgenehmigung bei der Straßenverkehrsbehörde wie bei jedem herkömmlichen Straßenfest reichte aus. Da die Veranstaltung nach Worten von Polizeipressestellen-Mitarbeiter Hansjörg Dräger nicht als "störungsanfällig" gilt, wird es kein übermäßig großes Aufgebot von Beamten und nur punktuelle Straßensperrungen geben. Alba wird hinterher kräftig aufräumen.

Zudem muss der Karnevalsordnung zufolge "Wurfmaterial in kleinen Größen verpackt sein und darf keine harten Gegenstände enthalten, um Verletzungen zu vermeiden". So trafen sich die Veranstalter gestern zum Großeinkauf bei der Metro und tüteten außerdem Spenden ein wie Traubenzucker beutelweise. Auch Luftballons und Mützchen von Sponsorfirmen werden in die Menge geworfen. Wie man das Zeug am besten mit Schirm und Tüte auffängt, werden allerlei zugereiste Bonner, Düsseldorfer und Kölner vormachen, denn etliche Karnevalserprobte haben sich zu diesem Wochenende bei der Neu-Berliner Verwandtschaft einquartiert. Wer noch kurzfristig in die Stadt kommen möchte, findet genügend Zimmer, wie Karl Weißenborn, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, sagt. Seiner Überzeugung nach "können die Betriebe langfristig vom Zustrom profitieren. Berliner und Bonner zusammen: Das wird noch eine fruchtbare Geschichte, das habe ich schon immer gesagt".

Am Straßenrand frohlockt auch Elisabeth Pohlmann von der Telefonzentrale der Schweizer Botschaft. Sie erinnert sich noch gut an die Fastnacht im Kanton Aargau, die sie als Kind mitmachte. Und heute? "Wenn es nicht Katzen hagelt, bin ich am Sonntag mit Freunden und Arbeitskollegen dabei."

Annette Kögel

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