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Der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin gehören fast 9000 Mediziner und Therapeuten an.

© Jens Büttner/ dpa

Kassenärztliche Vereinigung Berlin: Neue Servicestelle für Facharzt-Termine provoziert Ärger

In einem Brief an Kassenärzte riet deren Vereinigung, ihre neue Servicestelle wenig attraktiv zu machen. Dabei soll diese den Kassenpatienten eigentlich telefonisch schnell zu Facharzt-Terminen verhelfen.

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlins (KV) rief in einem Schreiben vom 23. November 2015 ihre „Kolleginnen“ und „Kollegen dazu auf, „die Attraktivität der Termineservicestellen für die Patienten möglichst gering“ zu halten. Anfang der Woche soll man per Telefon Infos zu freien Terminen bei Fachärzten erhalten.

Ein entsprechendes Gesetz hatte die Bundesregierung nach langen Debatten erlassen, weil Kassenpatienten sich über monatelange Wartezeiten beklagen, wenn ihr Hausarzt sie wegen einer komplizierten Erkrankung an einen Facharzt überweist. Die KV sagte auf Anfrage zum Schreiben: „weder der Inhalt noch dessen mediale Bewertung sind aktuell“.

Dem Schreiben nach befürchtet die KV „Honorarabflüsse in Richtung Krankenhäuser“. Denn wenn ein Erkrankter keinen Facharzt-Termin binnen vier Wochen bekommt, darf er „zur nicht-stationären Versorgung in ein Krankenhaus vermittelt“ werden. Für die KV ist das ein Nachteil, denn „diese Behandlung am Krankenhaus geht dann allerdings zulasten der ärztlichen Honorare“, heißt es im Brief. Diese „weitere Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Versorgung dürfen wir auf keinen Fall unterstützen“.

"Wartezeiten sind unvermeidbar"

In dem Schreiben ruft die KV außerdem Kollegen aus Arzt-Praxen dazu auf, „(Pseudo-)Termine zu benennen“ während der eigentlich für alle Patienten ohnehin offenen Sprechstunden. Dass der Kranke dann mit einem vollen Wartezimmer rechnen muss, findet die KV hinnehmbar: Die vereinbarten Pseudotermine „müssen durch die Praxis nicht minutengenau eingehalten werden. Wartezeiten sind unvermeidbar und nicht ausgeschlossen“, heißt es im Schreiben. Die KV sagt dazu: Diese Pseudo-Termine seien „nicht etwa Termine, die es nicht gibt“, sondern Termine „trotz offener Sprechstunde“.

Die KV fordere „keinesfalls“ dazu auf, „nicht existente Termine“ zu melden. Eine „Verwahrlosung der professionellen Ethik“ erkennt die Berliner Patientenbeauftragte Karin Stötzner im Schreiben. Wer offen sage, dass er eine Hilfe für Patienten so organisieren will, dass sie unattraktiv ist und möglichst scheitern soll, nehme die Verantwortung zur Sicherstellung der Versorgung nicht angemessen wahr.

Käme es so, sei dies ein Verstoß gegen die Pflichten der KV. Der Aufruf sei entlarvend: „Offensichtlich geht es mal wieder vor allem ums Geld“. Wenn verhindert werden solle, dass Patienten in Krankenhäusern behandelt werden, damit keine Mittel an diese abfließen, nur weil die Terminvergabe nicht klappt, stünden die Kassenarztinteressen über den Belangen der Patienten.

Vereinigung weist Vorwürfe zurück

Der Patientenbeauftragten zufolge sollte das Gesetz auch die „Diskriminierung von Kassenpatienten“ bei der Vergabe von Facharztterminen beenden. Wartezeiten von mehreren Wochen oder Monaten bei Geräte-Medizinern, Augenärzten oder Orthopäden im manchen Bezirken sollte es künftig nicht mehr geben. „Am besten wäre es allerdings, wenn die überweisenden Ärzte ihre Verantwortung wahrnehmen und selber dafür Sorge tragen, dass Patienten bei Dringlichkeit schnell einen Termin bekommen.“ Dann brauche es auch keine Servicestelle.

Die Kassenärztliche Vereinigung wies alle Vorwürfe zurück: „Mittlerweile wurden über 38 000 freie Termine von Ärztinnen und Ärzten in der Terminservicestelle gemeldet“. Es sei „im Interesse der KV und der Ärzteschaft, dass die Terminservicestelle funktioniert“.

Die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin startet am 25. Januar. Unter Telefon 030 31003-383 werden montags bis freitags von 10 Uhr bis 15 Uhr Facharzttermine vermittelt.

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