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Berlin: Kassenwart der SPD zweigte Spenden ab Zufällig entdeckt: 100 000 Euro flossen auf Privatkonten

Der ehemalige Kassenleiter des SPD-Landesverbands, Jürgen Kopschinski, hat nach eigenem Eingeständnis in den vergangenen Jahren 100 000 Euro unterschlagen und veruntreut. Der hauptamtliche Mitarbeiter leitete demnach Gelder aus Parteispenden und andere Finanzmittel der Berliner SPD auf private Konten um.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der ehemalige Kassenleiter des SPD-Landesverbands, Jürgen Kopschinski, hat nach eigenem Eingeständnis in den vergangenen Jahren 100 000 Euro unterschlagen und veruntreut. Der hauptamtliche Mitarbeiter leitete demnach Gelder aus Parteispenden und andere Finanzmittel der Berliner SPD auf private Konten um. Die kriminellen Machenschaften flogen auf, als im November 2002 ein Privatspender bei der SPD-Landeszentrale nachfragte, wo denn seine Spendenquittung bleibe. Es ging in diesem Fall nur um 300 Euro, aber die Parteiführung erstattete sofort Strafanzeige und kündigte dem Mitarbeiter fristlos.

Kopschinski war seit 1974 hauptberuflich für die Sozialdemokraten tätig und übernahm 1994 die Kasse des Landesverbandes und die Geschäftsführung der parteieigenen Grundstücksgesellschaft Wedding (GGW). Die GmbH ist Eigentümerin des Kurt-Schumacher-Hauses in der Weddinger Müllerstraße, in der die SPD-Landeszentrale sitzt. Der ehemalige Vize-Fraktionschef der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg war viele Jahre kommunalpolitisch aktiv und unter anderem Delegierter des „Vereinigungsparteitags“ der Berliner Sozialdemokraten im September 1990.

Mit „erheblicher krimineller Energie“ habe der Kassenleiter seine Vertrauensstellung missbraucht, Überweisungsträger und Konten gefälscht und manipuliert, teilte SPD-Landeschef Peter Strieder gestern nach einer Sitzung des Landesvorstands mit. Die Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sämtliche innerparteilichen Prüfungsunterlagen seien der Ermittlungsbehörde zur Verfügung gestellt worden. Den größten finanziellen Schaden soll Kopschinski der GGW zugefügt haben, indem er ein als Geschäftskonto getarntes Privatkonto vor dem Wirtschaftsprüfer verbarg, auf das Überweisungen der SPD-Parteizentrale flossen. Das Konto sei unter dem Namen GGW geführt worden, sagte Strieder.

Nach der Bundestagswahl 1998 habe Kopschinski ein Wahlkampfkonto im Wahlkreis Prenzlauer Berg/Mitte für seine Unterschlagungen missbraucht. Das Konto sei von der örtlichen SPD-Wahlkampfleitung ordnungsgemäß abgerechnet worden, aber der SPD-Mitarbeiter habe es heimlich weiter genutzt, um ihm übergebene Spendenschecks einlösen zu können. Insgesamt 15 Parteispenden im Wert von über 16 500 Euro wanderten seit 1994 nicht in die Kasse der Berliner SPD, sondern auf das geheim geführte Konto und auf diesem Weg in das Privatvermögen Kopschinskis. Der Kassenleiter hat bereits ein notarielles Schuldanerkenntnis geleistet und sich zum Schadenersatz verpflichtet. 8652 Euro hat er bisher an die Berliner SPD zurückgezahlt. Auf Drängen der Parteispitze trat er aus der SPD aus.

„So etwas hat ihm niemand zugetraut, auch ich nicht“, sagte Strieder gestern. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sei unverzüglich informiert worden, weil die Unterschlagungen sich auch auf die Rechenschaftsberichte des SPD-Landesverbandes auswirken könnten. Gegen das Parteiengesetz sei nicht verstoßen worden. Für die unterschlagenen Spenden seien sogar Quittungen ausgestellt worden. Kopschinski war ein gut bezahlter Mitarbeiter. Daran habe es, so Strieder, nicht gelegen.

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