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Katastrophe in Japan: Berliner trauern und spenden

Am Wochenende zeigten viele Berliner ihr Mitgefühl mit den Opfern in Japan: Sie legten Blumen nieder und demonstrierten. Das Geschehen bewegt die Menschen auf zweierlei Weise.

Sie haben sich rote oder weiße T-Shirts übergezogen und versammeln sich am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus „um die japanische Flagge zu zeigen“. Wer Rot trägt, bildet den Kreis in der Mitte, die weiß Gekleideten stellen das Rechteck drumherum dar. Es ist eine Flashmob-Aktion von rund 80 meist jungen Leuten, die sich für Sonntagnachmittag im Netz per Facebook und Mails verabredet haben.

Wegen der Furcht vor dem explodierten Atomkraftwerk in Fukushima gerate die humanitäre Katastrophe nach dem Beben völlig aus dem Blick, stand im Aufruf zur Aktion. Mit dem Bild der Flagge wollten die Teilnehmer „an die Schicksale der Opfer erinnern“ und zu Spenden aufrufen. Dennoch trugen viele Teilnehmer auch Anti-Atomkraft-Buttons angesteckt.

Anderswo in Berlin wurde am Sonntag ebenfalls deutlich: Das Geschehen in Japan bewegt die Menschen auf zweierlei Weise. Es gibt eine immer breitere Anteilnahme, zugleich aber schürt es die Ängste vor der Atomkraft neu. Vor der japanischen Botschaft Ecke Tiergarten-/Hiroshimastraße versammelten sich angesichts der dramatischen Nachrichten mehr Berliner als an den Vortagen und gedachten der Katastrophenopfer.

Viele waren auf dem Weg zu einem Märzspaziergang im nahen Tiergarten. Sie stellten Sträuße am Eingang ab, Bonsai-Bäumchen, knospende Kirschzweige und legten gefaltete Papierkraniche dazwischen – in Japan ein Symbol für Glück und Langlebigkeit. Etliche Menschen trugen auch hier Anti-Atomkraft-Sticker. „Der Button hing bei uns jahrelang am Schwarzen Brett“, erzählt eine junge Frau. „Jetzt kommt er wieder an die Jacke.“

Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) machte am Sonntag aus seiner „großen Sorge“ kein Hehl. „Die Nachrichten aus der Region haben uns erschüttert“, sagte er. Besonders die Situation in dem betroffenen Kernkraftwerk verdeutliche die „fürchterlichen Folgen des katastrophalen Bebens“. Man könne nur hoffen, dass die Lage möglichst rasch unter Kontrolle gebracht werde. Zugleich versicherte Wowereit, die Gedanken der Berliner seien jetzt bei den Menschen in Japan, „zumal Tokio seit dem Jahr 1994 unsere Partnerstadt ist“.

Auch Renate Künast, Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl, besuchte am Sonntag die kleine Gedenkstätte an Japans Botschaft, legte einen Strauß Chrysanthemen als „Zeichen des Mitgefühls“ nieder und erklärte, sie betrachte die weitere Entwicklung der japanischen Atomkraftwerke sehr sorgenvoll.

Am Samstagabend waren mehrere hundert Atomkraftgegner vom Alexanderplatz über die Allee Unter den Linden durchs Brandenburger Tor bis zum Bundeskanzleramt gezogen, in dem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur selben Zeit ein Krisentreffen leitete. „Abschalten sofort“ und „Fukushima ist überall“, riefen die Protestler. Die Ereignisse in Japan erfüllten die Menschen „mit Trauer und Schrecken“, hieß es. Die Demo initiiert hatten das Anti-Atom-Bündnis Berlin und die Piratenpartei. Nach Angaben der Polizei verlief die Kundgebung friedlich.

Im Rahmen einer bundesweiten Aktion aller Anti-Atomkraft-Initiativen ruft das Berliner Bündnis für heute, Montag, ab 17 Uhr zu einer weiteren Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt auf. Man wolle dafür streiten, dass alle Akws endlich abgeschaltet werden, heißt es.

Dass man zur Solidarität mit Japan erst mal kaum mehr braucht als einen Klapptisch, gut erhaltene Barbies oder Legos zum Secondhand-Verkauf und eine Geldbüchse, zeigten am Sonntagvormittag Kinder am Sony-Center. Sonja, Leo und Lena, Fünftklässler aus Moabit, hatten dort ihren Stand aufgebaut. Die Einnahmen wollten sie später dem Pförtner der nahen Japanischen Botschaft überreichen.

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