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Die isländische Premierministerin Katrin Jakobsdottir war zu Gast in Berlin und besuchte auch die Bundeskanzlerin.

© imago/Reiner Zensen

Katrin Jakobsdottir in Berlin: Island macht vor, wie Gleichberechtigung geht

Islands Regierungschefin spricht in Berlin auf einer Podiumsdiskussion über Lohngerechtigkeit und wie sie effektiv umgesetzt werden kann.

Was für ein symbolträchtiger Auftakt zu den Jubiläumsfeierlichkeiten aus Anlass der 100-jährigen Unabhängigkeit Islands: Ministerpräsidentin Katrin Jakobsdottir ist ins Felleshus, das Gemeinschaftshaus der Nordischen Botschaften, gekommen, um über Geschlechtergleichheit zu sprechen. Insbesondere soll es um Gehältergleichheit von Männern und Frauen gehen. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, darum geht es, und da gehen die Isländer mit gutem Beispiel voran.

„Vielleicht können wir einen Beitrag leisten“

Fast zwei Stunden Zeit nimmt sich die Top-Politikerin und Mutter von drei Söhnen für die Diskussion mit einem Podium und anschließend dem Publikum. Island ist schon seit Jahren ein Vorbild, was die Gehältergerechtigkeit betrifft. Anfang des Jahres kam noch ein Gesetz hinzu, das die Unternehmen weiter unter Druck setzt, Männern und Frauen den gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu bezahlen und die Jobs entsprechend zu definieren.

Auf dem Podium sitzen auch Kristin Hjalmtysdottir, die Geschäftsführerin vom Isländischen Roten Kreuz, Lisi Maier vom Deutschen Frauenrat und Islands Botschafter Martin Eyolfsson. Er wird ganz am Ende die Frage beantworten, welchen Einfluss eigentlich so ein kleines und abgelegenes Land wie Island auf europäische Gepflogenheiten haben könnte.

„Wenn wir etwas Vernünftiges vorzuweisen haben, dann wird das auch angeschaut“, sagt er dazu. „Vielleicht können wir ja einen Beitrag leisten.“ Die Botschafterin hat vorher viel darüber gesprochen, wie wichtig in dem Zusammenhang Transparenz und Druck sind. Und gute Vorbilder. Ihre dritte Schwangerschaft war nicht geplant, sie ging als Ministerin in den Mutterschaftsurlaub. Und ja, es gab auch in ihrer eigenen Partei (Links-Grüne Bewegung) Stimmen, die das unverantwortlich fanden.

„Der Wirtschaft geht es besser durch die Gleichbehandlung von Männern und Frauen“

Deutschland sei so gut organisiert, sagt sie. Isländer seien im Vergleich zu Deutschen eher chaotisch und leichtsinnig, machten sich nicht so viele Sorgen. Vieles kommt zur Sprache in dieser Runde, die Bedeutung von Kindergartenplätzen, das Unterbewusstsein und die weibliche Tendenz zum schlechten Gewissen, aber auch die wachsende Bereitschaft der Väter, für die Kinder eine berufliche Auszeit zu nehmen.

Als die Ministerpräsidentin 1976 geboren wurde, war das noch kein Thema. Auch dass Männern oft schon im Bewerbungsgespräch mehr Geld angeboten wird als Frauen, kommt zur Sprache. Der Botschafter bringt schließlich ein Argument, das jeden Mann, der auch ein Chef ist, überzeugen dürfte: „Der Wirtschaft geht es besser durch die Gleichbehandlung von Männern und Frauen.“

Kristin Hjalmtysdottir, Mutter von vier Kindern, erzählt eine Anekdote über ein Sinfonieorchester, in dem immer nur Männer gespielt haben. Bis zu dem Tag, an dem ein besonderes Vorspielen eingeführt wurde. Man konnte nicht erkennen, ob es ein Mann war oder eine Frau am Instrument. Seitdem werden genauso viele Frauen wie Männer eingestellt.

Jakobsdottir reagiert souverän auf brisante Zwischenfrage

Immer wieder gibt es bewundernde Kommentare der deutschen Zuhörer: „Sie sind uns einen großen Schritt voraus.“ Sehr souverän reagiert die Ministerpräsidentin auf die sehr emotionale Einlassung einer Frau, die rasch ein T-Shirt mit der Aufschrift „Afrin“ überzieht und fragt, wie die isländische Regierung dazu stehe.

Die Regierung stehe kritisch zum Verhalten der Türken gegenüber den Kurden, sagt sie, obwohl das gar nicht zum Thema gehört. In der Fragerunde geht es um noch einzuführende Strafen für Unternehmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, um den Unterschied zwischen Stadt und Land, um Sachleistungen durch die Unternehmen.

Am Ende erzählt Katrin Jakobsdottir von ihren Söhnen, die, wenn sie mal wieder auf Reisen geht, fragen: „Mama, könntest du nicht mal was anderes machen als Politik?“

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