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Berlin: Kaufe Kirche

Philippinische und koreanische Gemeinden sind interessiert

Die Philippinos in Berlin wollen eine Kirche kaufen. „Wir haben gelesen, dass sich das Erzbistum Berlin von Kirchen trennen muss wegen seiner Schulden“, sagt Frau Paderis von der philippinischen evangelischen Gemeinde, „das könnte unsere Chance sein.“ Jetzt hat sie dem Bistum einen Brief geschrieben und wartet auf Antwort. Die philippinische Gemeinde habe zwar erst 30 Mitglieder, es würden aber ständig neue hinzukommen. Bisher treffe man sich im Gemeindehaus einer evangelischen Kirche in Wilmersdorf, auf Dauer sei das aber unbefriedigend. In Bonn habe man auch eine Kirche gekauft. Ein bestimmtes Gotteshaus hat Frau Paderis nicht im Auge, befürchtet aber, dass sie schon zu spät dran ist. Sie glaubt, dass viele ausländische Gemeinden Kirchen suchen. Frau Paderis hat Recht.

Auch die koreanische evangelische Gemeinde mit 200 Mitgliedern möchte dem Erzbistum eine Kirche abkaufen. Pastorin Lee nutzt die Thomas-Kirche in Reinickendorf für ihre Gottesdienste, nun hätte sie gerne etwas Eigenes. Wie viel die Koreaner dafür ausgeben wollen, sagen sie nicht.

Prälat Roland Steinke sammelt die Kaufgesuche. Er leitet im Erzbistum das Bauamt und hat eine ganze Liste von Interessenten vorliegen. Darauf stehen auch die rumänisch-orthodoxen und die syro-katholischen Gläubigen. Im Moment könne er allerdings kein Gebäude anbieten, aber es komme „immer mal wieder was rein“. Die evangelischen und orthodoxen Gemeinden sind für ihn die interessanteren Kunden, denn die katholischen ausländischen Gemeinden finanziert das Erzbistum sowieso mit. Da wäre die Entlastung des Haushaltes nicht groß.

Eine Kirche zu verkaufen, ist für Prälat Steinke etwas Neues, bisher hat das Bistum seine Gotteshäuser vermietet oder verpachtet. 17 ausländische Gemeinden nutzen ganz oder zum Teil katholische Kirchen für ihre Gottesdienste, die größte Gemeinde sind die Polen. Bei der Höhe der Pacht richtet sich das Erzbistum danach, was das Land Berlin an Pacht für Gebäude mit sozialem Zweck verlange.

Mittlerweile sei man aber schon froh, so Steinke, wenn eine ausländische Gemeinde bereit ist, ein Gebäude instand zu halten. Wenn sich Gläubige fänden, die zum Beispiel eine Million für die Sanierung von St. Agnes in Kreuzberg aufbrächten, wäre er glücklich, sagt Steinke. Da das Erzbistum die Anzahl seiner Pfarreien wegen der hohen Schulden halbieren muss, werden etliche Kirchen in Zukunft überzählig sein. Welche das sein werden, weiß der Bauamtsleiter aber frühestens Ende Mai.

Steinkes Kollegen von der evangelischen Kirche haben mehr Erfahrung mit dem Verkauf von Kirchen. Anfang der 90er Jahre hat die Evangelische Kirche für eine Million Mark die Weddinger Friedenskirche an die serbisch-orthodoxe Gemeinde verkauft. Ein gutes Geschäft, meint Matthias Hoffmann-Tauschwitz, der Bauamtsleiter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Die Serben mussten weitere zwei Millionen in die Sanierung des maroden Gebäudes stecken. In fünf Jahren wollen die Protestanten die Lutherkirche in Schöneberg an die American Church verkaufen. Den Kaufpreis verrät Hoffmann-Tauschwitz nicht, aber schon die Sanierung werde die Amerikaner fünf Millionen Euro kosten.

Eine Kirche zu kaufen, ist das eine, sie zu unterhalten, das andere. Hoffmann-Tauschwitz schätzt, dass sich die Betriebskosten für die großen Berliner Innenstadtkirchen jährlich auf mindestens 30000 Euro pro Kirche belaufen. Dazu kämen permanent Sanierungskosten.

Das Scharnier zwischen den ausländischen Gemeinden, die Kirchen kaufen und mieten wollen, und den beiden Berliner Großkirchen ist der Internationale Konvent. „Die meisten ausländischen Gemeinden haben kein Geld“, sagt der Konvents-Vorsitzende, Pfarrer Christfried Berger. Er kann sich nicht vorstellen, dass das Erzbistum Gewinn machen wird. Die philippinischen und koreanischen Gemeinden würden zwar ständig wachsen, die philippinischen aber vor allem, weil sie sich um verschleppte Mädchen kümmerten. Die aber haben wohl kaum Geld, um eine marode Kirche zu sanieren.

Claudia Keller

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