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Berlin: Kaum Betreuer für Pflegeeltern und ihre Kinder

Rund 10 000 Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern vernachlässigt, misshandelt oder gar missbraucht wurden, leben in Berliner Heimen oder Pflegefamilien. Obwohl der Aufenthalt bei Ersatzeltern pädagogisch sinnvoller ist, kommen in der Hauptstadt zehn Prozent Jungen und Mädchen weniger in den Genuss individueller Betreuung als im Bundesdurchschnitt.

Rund 10 000 Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern vernachlässigt, misshandelt oder gar missbraucht wurden, leben in Berliner Heimen oder Pflegefamilien. Obwohl der Aufenthalt bei Ersatzeltern pädagogisch sinnvoller ist, kommen in der Hauptstadt zehn Prozent Jungen und Mädchen weniger in den Genuss individueller Betreuung als im Bundesdurchschnitt. Die besondere Situation der Stadt - in den Ostbezirken gab es zu DDR-Zeiten keine Pflegeeltern - und der finanziell bedingte Mangel an betreuenden Sozialarbeitern sind Schuld daran, dass nicht genügend Interessenten vorhanden sind. In Spandau geht man jetzt mit dem Modell einer Teilprivatisierung erfolgreich neue Wege. Es wurde am Wochenende auf einer Fachtagung vorgestellt, die Landesjugendamt und Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern im Schloss Glienicke veranstalteten.

Etwa 3000 Kinder in Berlin haben Pflegeeltern. Mindestens 4000 sollten es sein, sagt Eberhard Geisler, zuständiger Fachmann des Landesjugendamtes. Doch selbst die vorhandenen Familien bei der Stange zu halten, wenn ein Pflegekind nach Konsolidierung der Situation zu den leiblichen Eltern zurückkehrt oder erwachsen in die Selbstständigkeit entlassen wird, ist aufgrund des Personalmangels schwierig. Rund 600 neue Ersatzeltern werden jährlich allein benötigt, um den gegenwärtigen Standard zu halten.

In Spandau hatte man zuletzt nur noch zwei Sozialarbeiterinnen, die für jeweils mehr als 100 Kinder und deren Pflegeeltern zuständig waren, berichtet Fachbereichsleiterin Maria Loh. Um flexiblere Formen von Pflegefamilien zu finden und diese ebenso intensiv wie die Herkunftsfamilien der Kinder zu betreuen, wurde im Sommer vergangenen Jahres die kirchliche Wadzeck-Stiftung eingeschaltet. Inzwischen hat der Bezirk die fachlich empfohlene Betreuungsdichte von 20 bis 25 Kindern pro Sozialarbeiter erreicht. Es gibt monatliche Kontakte mit allen Beteiligten, die zuvor nicht sichergestellt werden konnten. Und die Nachfrage interessierter Pflegeeltern steigt.

Während Spandau so als Vorreiter gilt, sind trotz der personellen Engpässe auch in den anderen Bezirken Fälle, wo Kinder bei den Pflegeeltern vom Regen in die Traufe geraten, die Ausnahme, betont Geisler. Kandidaten werden umfassend überprüft und in der Anfangsphase intensiver betreut. Die Form und Häufigkeit der Kontrollen liegt im Ermessen des jeweiligen Sozialarbeiters. Auch wenn die Besuchsabstände nur im Halbjahresturnus zu verzeichnen seien, würden bei Auffälligkeiten schnell Meldungen über Kita oder Schule erfolgen.

In der Vergangenheit wollten Pflegeeltern Kinder möglichst dauerhaft betreuen. Oft sahen sie darin einen Ersatz für die ungleich kompliziertere Adoption. Heute gewinnt die Einbeziehung der Herkunftsfamilie immer größere Bedeutung. Sind die Verhältnisse reparabel, wird eine Rückführung der Kinder ins eigene Elternhaus angestrebt.

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