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© Uwe Steinert

Kehraktion: Weg mit dem Dreck

Ein Kreuzberger initiierte eine private Kehraktion am Paul-Lincke-Ufer. Die BSR braucht ihm zu lange.

Thomas Feldmann konnte es nicht mehr ertragen, täglich im Dreck zu stehen, wenn er vor seine Haustür am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer trat. Er hatte keine Lust, zu warten, bis sich die BSR endlich um den Schmutz am Landwehrkanal kümmern würde. Also machte er selber mobil: Er besorgte Putzzeug von der BSR und rief mit Flugblättern zum „fröhlichen Straßenreinigen“ auf; ein Radiosender half, die Initiative zu verbreiten. Es klappte: Ein Dutzend Freiwillige traf sich am Samstag Punkt elf an der Kottbusser Brücke und schrubbte Gehwege und Parkplätze am Paul-Lincke-Ufer sauber.

„Das ist ein Armutszeugnis, der Dreck hier ist vom Herbst!“ Thomas Feldmann, 46, zeigt auf Laub, das mit Zigarettenstummeln und anderem Müll zu Platten zusammengefroren ist. Wie eine kleine Gebirgskette türmen sich in der Gehwegmitte zusammengefegter Splitt, Laub, Glasscherben, Plastikmüll und mehr. Per Schubkarre schütten die freiwilligen Straßenfeger den Dreck dann zu größeren Haufen, die von der BSR abgeholt werden sollen. Auch Feldmanns fünfjährige Tochter Charlotte schnappt sich den Besen. Bilanz pro Haus: fünf Schubkarren plus ein Weihnachtsbaum.

16 000 Tonnen Splitt hat alleine die BSR in Berlin gestreut, private Anlieger und Winterdienste haben nochmals 14 000 Tonnen verteilt. Bis Ostern will die BSR 10 000 Kilometer Straßen und Wege vom Winterdreck befreit haben. Dazu sind laut Vorstandschefin Vera Gäde-Butzlaff 3600 Einsatzkräfte unterwegs, unter ihnen 650 zusätzlich angeforderte Helfer und 350 Arbeitslose.

Der Kreuzberger Feldmann glaubt nicht daran, dass Berlin zu Ostern sauber ist. Er will nicht akzeptieren, dass andere Stadtteile schon sauber sind, während die Spaziergegend am Paul-Lincke-Ufer vernachlässigt aussieht. „Von Sauberkeit ist hier keine Spur, die Grünanlagen sind verwahrlost, die Reinigung dauert zu lange.“ Andere Straßen in der direkten Umgebung sähen noch schlimmer aus. Anwohnerin Christina Finger, 46, hat von der Putzaktion erst beim Brötchenholen erfahren. Sie macht mit, weil sie auch findet, ihre Gegend sei von der BSR vernachlässigt. Auch Bernd Freiling, 50, kommt mit dem eigenen Besen zum Treffpunkt. Sein Urteil über den Zustand: „Eine Katastrophe.“ Anrainerin Laura Bunge, 24, ist begeistert, dass Freiwillige die Stadt unterstützen, anstatt ausschließlich vor der eigenen Haustür zu kehren. Dennoch fragt sie sich, wieso die BSR das nicht macht.

Feldmann und seine Mitschrubber wollen Vorbild sein für andere Berliner, hoffen auf mehr Initiativen: „Dann könnte man was erreichen.“ Aber: Selbst putzen – eine Selbstverständlichkeit? Laut Feldmann ist das in der Großstadt aufgrund fehlender sozialer Kontrolle schwierig. Den Bereich zwischen Manteuffel- und Lausitzer Straße schaffte der Trupp gestern nicht mehr, dafür treffen die Teilnehmer sich am kommenden Samstag um 11 Uhr an der Ecke Manteuffelstraße. Feldmann grinst: „Erst Kreuzberg, dann ganz Berlin.“ Christoph Spangenberg

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