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Berlin: Kein Herz für Schülerläden

Die Zahl der kleinen Horte nimmt immer mehr ab

Schön ist das: Nach der Schule im Freien zu essen, durch den Wald zu streifen, jeden Baum zu kennen und keine Angst zu haben vor Wind und Wetter. Aber für so viel Freiheit und Abenteuer ist kein Platz mehr in Berlins Hortlandschaft: Die Senatsverwaltung für Bildung ist nicht bereit, mit dem Schülerhort Waldmäuse e.V. zu kooperieren. Deshalb wird er ebenso von der Bildfläche verschwinden wie die Mehrzahl der Schülerläden.

„Von den früher 250 Schülerläden mit rund 5000 Kindern werden wohl nur rund 30 Läden überleben“, schätzt Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks). Letztlich hätten nur die eine Chance, die sich untereinander zusammengeschlossen und eine interessierte Schule gefunden hätten. Alle anderen könnten sich nur noch über Wasser halten, bis die letzten vom Land finanzierten Plätze ausgelaufen seien.

Bei den Waldmäusen sind zurzeit nur noch zehn der 15 Plätze bezuschusst. Lange lässt sich das von den Eltern finanziell nicht durchhalten. Bis zuletzt hatten sie gehofft, dass die Senatsverwaltung für Bildung es akzeptieren würde, wenn ein winziger Teil der Kinder nicht im Hort der Grundschule am Tegelschen Ort, sondern im Wald betreut würde. Fehlanzeige. „Wir wollen solche Mischformen nicht“, sagte gestern die zuständige Abteilungsleiterin Susanne Pape.

Die Absage hat zwei Gründe: Zum einen ist der Personaleinsatz schwieriger, wenn verschiedene Institutionen sich die Betreuungsaufgaben teilen. Zum anderen verweist Pape auf den Überhang bei den Erzieherinnen im öffentlichen Dienst: Es sei finanzpolitisch schwer vertretbar, wenn man mit freien Trägern Kooperationsverträge mache, obwohl es noch diese Überhänge gebe.

Den Eltern leuchtet dieses Argument nicht ein. „Uns ist die Wahlmöglichkeit genommen worden“, empört sich Carroll Haak, die auf der Elternseite versucht hatte, die öffentliche Finanzierung der Waldmäuse zu erhalten. Nicht einmal der Hinweis auf die beengten Räume des Schulhortes habe geholfen.

Der Dachverband der Kinder- und Schülerläden ist der Ansicht, dass es widerrechtlich war, den Berliner Eltern das Hortwahlrecht zu nehmen. Schließlich sei im bundesweit gültigen Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben, dass bei der Betreuung freie Träger den Vorrang haben müssten. Allerdings meint der Senat, dass dieses Gesetz nicht für Berlins Horte gelte, seitdem sie in die Verantwortung der Schulen verlagert wurden. Die Gerichte folgten dieser Ansicht, als der Daks eine Musterklage anstrengte. „Nun haben wir Einheit statt Vielfalt“, bedauert Carroll Haak.

Von Bedauern ist in der Bildungsverwaltung wenig zu spüren. Die Schülerläden seien bei ihrer Gründung vor 30 Jahren doch nur „ein Notnagel“ gewesen, als öffentliche Betreuungsplätze fehlten, argumentiert die Sozialdemokratin Pape, die es nicht besonders traurig findet, wenn die familiären Institutionen verschwinden. Im Übrigen gebe es ja auch einige Schülerläden, die sich zusammengeschlossen hätten und so überleben konnten.

Wer einmal schauen möchte, wie diese „Überlebenden“ funktionieren, kann sich das heute ansehen: Friedenauer Schülerläden, die sich rund um die Stechlinsee-Grundschule zusammengefunden haben, laden von 15 bis 18 Uhr zum Sommerfest in der Rheingaustraße 2.

Weitere Infos unter www.kah-berlin.de

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