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Berlin: Kein Platz für Dalí und Picasso

Reinickendorf sucht neuen Standort für Deutschlands älteste Graphothek

Um Berlins älteste „Leihbibliothek“ für Bilder ist ein heftiger Politstreit entbrannt. Um die immensen Kosten der Reinickendorfer Graphothek zu reduzieren, will sie die CDU/FDPMehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung bereits ab Januar in die bezirkseigene Humboldt-Bibliothek verlagern. Weil dort kein Platz vorhanden ist, sieht Kulturstadtrat Thomas Gaudszun (SPD) darin die „verschleierte“ Absicht, die Einrichtung abzuwickeln. Auch beteiligte Künstler und der Förderverein bangen um die Graphothek.

Die Graphothek geht auf die Initiative von Künstlern zurück, die der Bevölkerung 1968 Kultur zum Nulltarif bieten wollten. Sie gilt als Vorbild für die gesamte Bundesrepublik. Doch eher versteckt fristet die Sammlung der rund 5500 Originale von 1600 Künstlern im Obergeschoss des Tegel-Centers an der Gorkistraße ein Schattendasein. Dabei finden sich im Angebotskatalog so große Namen wie Dali, Kokoschka und Picasso.

Seit 1995 eine Gebührenpflicht eingeführt wurde (für 25 Euro gibt es bis zu drei Werke für maximal ein Jahr), hat sich die Zahl der Nutzer halbiert. Es gibt nur gut 400 Jahreskartenbesitzer. Im vergangenen Jahr wurden rund 1300 Bilder verliehen. Schüler und Senioren sind weggeblieben, klagt Mit-Initiator Siegfried Kühl. 92 000 Euro betragen bisher die jährlichen Kosten für Miete und Energie, dazu kommen rund 60 000 Euro für die drei Halbtagsstellen des Personals. So wird jede Ausleihe mit rund 100 Euro staatlich subventioniert.

Die SPD möchte die Graphothek zu günstigeren Konditionen in die Hallen am Borsigturm umsiedeln. Kombiniert mit einer kommunalen Galerie, einer Kultur-Information und einer privaten Theaterkasse soll sie hier wieder mehr Nutzer ansprechen. Bis zu einer endgültigen Klärung möchte Kulturstadtrat Gaudszun den zum Jahresende auslaufenden Mietvertrag mit dem Tegel-Center befristet verlängern. Ein Umzug sei bis zum Jahresende ohnehin nicht zu bewältigen. Bereits vor Jahresfrist hatte außerdem eine Prüfung ergeben, dass der einzige Freiraum in der Humboldt-Bibliothek die Tiefgarage ist, deren Umbau rund 400 000 Euro kosten würde. Für CDU-Sprecher Tobias Siesmayer könnte selbst eine solche Investition gerechtfertigt sein, wenn man dafür „auf Ewigkeit“ die Miete spart. du-

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