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Berlin: Kein Platz für kleine Einsteins

Trotz Begabtenförderung: Ausgerechnet im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich gibt es keine Gymnasialklassen ab Klasse 5

Berlins mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasien sorgen sich um ihren Nachwuchs. Da sie erst ab Klasse sieben beginnen dürfen, verlieren sie geeignete Bewerber zunehmend an die Gymnasien, die bereits ab Klasse fünf starten. Insbesondere die 1999 aufgestockten Schnellläuferzüge für hoch begabte Kinder entpuppen sich immer mehr als unliebsame Konkurrenz im Kampf um die besten Schüler. Die mathemathisch-naturwissenschaftlichen Gymnasien fordern deshalb von Bildungssenator Klaus Böger (SPD), dass auch sie ab Klasse fünf beginnen können, um die guten Schüler für sich zu gewinnen. Böger hat das Problem erkannt und die Schulen im März zum Gespräch gebeten.

Fünfte Klassen gibt es für die unterschiedlichsten Begabungen - nur eben nicht für die kleinen Einsteins: Wer ein Sportass ist, ein Musikgenie oder sich für Latein begeistert, kann an entsprechende Gymnasien wechseln. Zudem gibt es 26 Klassen für die Schnellläufer. Ihr Besuch wird ab 2005 an einen Intelligenztest geknüpft. Insgesamt verlassen rund 2000 Kinder pro Jahr die Grundschulen nach der vierten Klasse.

Unter diesen 2000 Kindern sind auch etliche mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Begabungen. Da sie sich oftmals auf den Grundschulen langweilen, wollen sie nicht warten, bis sie nach Klasse sechs endlich auf eine der vier mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulen gehen können. Dies bedeutet aber nicht nur, dass diesen Schulen der Nachwuchs fehlt. Es führt auch dazu, dass diese Schüler oftmals nicht den Weg in ein entsprechendes Studium finden.

Aus diesem Grund hat jetzt auch HU-Mathematikprofessor Jörg Kramer an Böger appelliert, die frühe Förderung an einem spezialisierten Gymnasium zuzulassen. Er betreut seit Jahren Schüler des Friedrichshainer Heinrich-Hertz-Gymnasiums, die vorzeitig Universitätsveranstaltungen besuchen und sich entsprechende Scheine fürs Grundstudium anrechnen lassen können.

Neben dem Hertz-Gymnasium bieten das Charlottenburger Herder-, das Lichtenberger Georg-Forster- und das Friedrichshainer Andreas-Gymnasium einen Schwerpunkt in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Förderung. Die längste Tradition darin hat das Hertz-Gymnasium: Vor dem Mauerbau nahmen sogar Schüler aus den West-Bezirken den weiten Weg in das Gymnasium in der Rigaer Straße in Kauf.

Bei der Vorstellung seines Hochbegabtenkonzeptes am Montag hatte Böger bereits angedeutet, dass bei der mathematisch-naturwissenschaftlichen Förderung Nachholbedarf bestehe. Er nannte die Möglichkeit, dass sich einzelne Grundschulen auf dieses Klientel einstellen. Den Gymnasien geht dies aber nicht weit genug.

Die FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben sagte gestern, es dürfe angesichts des Mangels an entsprechenden Fachkräften nicht dabei bleiben, dass es „ausgerechnet für Mathematik“ keine Frühförderung an Gymnasien gibt .

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