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Berlin: Kein Wort zu viel

Nur 18 Minuten dauerte die Befragung der Tempodrom-Gründer im Parlament. Jetzt hofft der Untersuchungsausschuss auf Strieder, Specker – und Diepgen

Es hätten ein paar interessante Stunden werden können, an diesem Montagmorgen im Saal 113 des Abgeordnetenhauses. Es hätte um ungehörte Warnungen und millionenschwere Fehlkalkulationen gehen können. Um die Verflechtung von Politik und Privatinteressen. Und um ein handgeschriebenes Gedicht, das ein Senator einer Bauherrin widmete, die ihn dafür mit „Monsignore“ anredete.

Die Erwartungen sind groß, als um kurz vor neun die Tempodrom-Gründer Irene Moessinger, Norbert Waehl und Arnulf Rating die Treppe des Parlamentes hinaufschreiten. Die Mitglieder des Tempodrom-Untersuchungsausschusses sind gut vorbereitet. 150 Fragen haben allein die FDP–Vertreter aufgelistet, 45 die SPD, die anderen Parteien sind ähnlich wissbegierig.

„Jetzt reitet sie auf einem Elefanten ein“, witzelt ein Zuschauer, als Irene Moessinger in den Saal gerufen wird. Stattdessen betritt sie mit zwei Anwälten im Schlepptau den Saal. „Tempodrom“ steht auf dem T-Shirt unter ihrem Jackett. Als der Ausschussvorsitzende Michael Braun (CDU) nach den Fragen zur Person Inhaltliches erfahren will, entgegnet die 54-Jährige, sie mache von ihrem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch, da die Staatsanwaltschaft wegen der Sache gegen sie ermittelt. Nachfragen wehrt sie ab. Nach neun Minuten verlässt sie den Saal wieder.

Ihr Partner Norbert Waehl gibt sich ähnlich wortkarg. Er könne nichts sagen, da die Staatsanwaltschaft alle Unterlagen beschlagnahmt habe und die Anfänge des Baus ja bis 1991 zurückreichen. Da immerhin gucken die Abgeordneten überrascht: Bisher waren sie immer davon ausgegangen, dass der Neubau erst nach dem Regierungsumzug Mitte der 90er Jahre geplant wurde. Nachfragen lässt Waehl jedoch nicht zu. Nach nur sechs Minuten steht er wieder auf und geht.

Den kürzesten Auftritt hat Arnulf Rating, Kabarettist und bis 2001 Vorsitzender des Tempodrom-Stiftungsrates. Sein Anwalt habe ihm geraten, nur in dessen Gegenwart auszusagen. Heute sei der Jurist jedoch verhindert. Nach vier Minuten ist die Befragung zur Person vorüber.

Der Ärger über diese Auftritte ist den Abgeordneten im Gespräch hinterher anzumerken. „Wir bedauern, dass es nicht zu Aussagen gekommen ist“, sagt Michael Braun. Der PDS-Abgeordnete Carl Wechselberg schimpft auf die „politische Unkultur der Aussageverweigerung“.

Michael Braun löst immerhin bei seinen Kollegen ein parteiübergreifendes Schmunzeln aus, als er sagt, dass er Irene Moessinger schon sehr gerne zu ihrem Verhältnis zu Ex-Senator Peter Strieder befragt hätte und dafür aus einem Brief zitiert, in dem sie „Monsignore“ Strieder für ein Gedicht dankte, dass dieser für das Richtfest ihres Baus gedichtet hatte.

Entmutigen lassen wollen sich die Aufklärer von der gestrigen Mauer des Schweigens nicht. Viele künftige Zeugen hätten kein Aussageverweigerungsrecht, aus deren Aussagen werde man das Mosaik stückweise zusammensetzen. Braun: „Unsere Arbeit ist nicht so behindert, dass am Schluss gar nichts rauskommt.“

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