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Berlin: Keine Beweise für Massengräber unter der alten Grenzmauer

CIA-Foto spricht gegen die Abrißaktion von Pfarrer Hildebrandt an der Bernauer StraßeVON JÖRN HASSELMANN MITTE.Eine Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße wird immer unwahrscheinlicher.

CIA-Foto spricht gegen die Abrißaktion von Pfarrer Hildebrandt an der Bernauer StraßeVON JÖRN HASSELMANN MITTE.Eine Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße wird immer unwahrscheinlicher.Stadtentwicklungssenator Strieder schlug im Abgeordnetenhaus vor, Mauer und Grenzstreifen "schlicht zu konservieren" ­ zumindest die Teile, die Pfarrer Hildebrandt von der Sophiengemeinde noch nicht eigenmächtig abreißen ließ.Unterdessen werden Zweifel laut, ob tatsächlich, wie von Hildebrandt behauptet, auf dem Areal Kriegsgräber sind.Helmut Trotnow, der frühere Planer der Gedenkstätte, hält dies für unbeweisbar.Aufklärungsfotos des amerikanischen Geheimdienstes CIA zeigten keinerlei Hinweise auf Massengräber. Der Historiker will die Ausschnittsvergrößerung, die der Tagesspiegel schon heute zeigt, nun dem Senat übergeben.Das bis vor kurzem geheime Foto aus dem Jahre 1965 zeigt auf der Fläche, auf der die mittlerweile abgerissenen Mauersegmente standen, zwei große weiße, also unbebaute und unbewachsene Flecken, während der übrige Friedhof ­ erkennbar ­ normal mit Gras bewachsen (im Foto dunkel) ist.Sogar der Komposthaufen in der linken oberen Spitze des Friedhofes (Bergstraße Ecke Bernauer Straße) ist an der stark dunklen Färbung auf der CIA-Aufnahme identifizierbar. Für Trotnow heißt dies: "Dort war nie was." Denn wenn 1965 die Fläche ­ aus heute nicht nachvollziehbaren Gründen ­ unbewachsen sei, spricht das nicht für Gräber ­ die wären wie der restliche Friedhof mit Gras bedeckt.Einen geharkten Todesstreifen, der sich auf einer Satellitenaufnahme weiß abheben würde, gab es in den 60er Jahren nicht, sagt Trotnow.Und wenn die Vegetation an dieser Stelle beseitigt wurde, weil ein Massengrab von den DDR-Behörden eingeebnet oder umgebettet worden ist, dann müßte dies heute in den Friedhofsbüchern nachvollziehbar sein. Beweise für angebliche Massengräber hat Pfarrer Johannes Hildebrandt bis heute nicht präsentiert.Die von ihm zweimal initiierte Abrißaktion beruhte immer auf der mündlichen Behauptung, daß diese in den Friedhofsbüchern verzeichnet seien.Nur: Hildebrandt läßt niemanden in diese Akten schauen.Resümee von Trotnow: "Ist die bloße Behauptung eines Pfarrers mehr wert als eine Satellitenaufnahme?" Selbst die Ausschreibung für die Mauergedenkstätte aus dem Jahr 1994 gibt den Wettbewerbsteilnehmern nur Schwammiges vor: "Die Lage der Gräber beruht auf mündlicher Überlierferung.Daher ist die Lage der Gräber sowie der Kriegs- und Massengräber nur mit einer Genauigkeit von plusminus zwei Metern dargestellt." Unbeantwortet ist bislang die Frage, wieso sich die Ausschreibung auf "mündliche Überlieferung" beschränken mußte, wenn angeblich Beweise in Friedhofsbüchern existieren. Selbst diese Genauigkeit des 94er-Planes ist mittlerweile Makulatur.Nun präsentiert Hildebrandt einen anderen Plan, der Bestandteil des Protokolls der Sitzung des Gemeindekirchenrates (GKR) von Dezember 1996 ist.Nun will die Gemeinde ihre "Wirtschaftsfläche", also Müll- und Kompostlager, dort anlegen, wo der Plan von 1994 noch schützenswerte Urnenfelder und Kriegsreihengräber ausweist.

JÖRN HASSELMANN

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