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Berlin: Keine ehrenwerte Debatte über den ehrenwerten SPD-Politiker Ernst Reuter

Auszüge einer parlamentarischen Debatte am Donnerstagabend im Berliner Abgeordnetenhaus: „Widerlicher Typ“, sagte CDU-Politiker Frank Henkel zum PDS-Kulturpolitiker Wolfgang Brauer. „Zotteliger Lümmel“ hatte FDP-Fraktionschef Martin Lindner für Brauer übrig.

Von Sabine Beikler

Auszüge einer parlamentarischen Debatte am Donnerstagabend im Berliner Abgeordnetenhaus: „Widerlicher Typ“, sagte CDU-Politiker Frank Henkel zum PDS-Kulturpolitiker Wolfgang Brauer. „Zotteliger Lümmel“ hatte FDP-Fraktionschef Martin Lindner für Brauer übrig. Dazwischen flogen Verbalinjurien zwischen den Fraktionen hin und her. Worüber die Debatte geführt wurde? Es ging um die posthume Verleihung der Ehrenbürgerwürde für den früheren Berliner Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter. Eine hoch angesehene Persönlichkeit – wie alle Fraktionen betonten.

Nachdem der Senat bereits abschlägig entschieden hatte, Reuter die Ehrenbürgerwürde posthum zu verleihen, scheiterte gestern auch die CDU mit einem entsprechenden Antrag. Frank Henkel begründete den Antrag damit, dass der Senat eine „Ausnahme von der Regel“ machen und Reuter die Würdigung aussprechen solle. Der Senat hatte die Ablehnung damit begründet, dass die Ehrenbürgerwürde nur zu Lebzeiten verleihen werden soll. Die Ausnahmen waren Marlene Dietrich und der ehemalige russische Stadtkommandant Nikolai Bersarin.

Für Henkel ist die Haltung des Senats in Sachen Reuter eine „herzlose und technokratische Behandlung“. Mit seiner „Verbalakrobatik“ stoße die SPD auch älteren Sozialdemokraten vor den Kopf. Das wiederum brachte den SPD-Fraktionshef Michael Müller in Rage: Henkel werde es nicht schaffen, einen Keil in die SPD hineinzutreiben. Eine solche „Oppositionsdebatte“ schade nur Persönlichkeiten, „die wir ehren wollen.“ Schluss also mit der Debatte um posthume Ehrenbürgerschaften, lautete Müllers Botschaft.

FDP-Fraktionschef Martin Lindner erhärtete seine Forderung nach einer Straßenumbenennung der Niederkirchnerstraße in Ernst-Reuter-Straße. Begründung: Käthe Niederkirchner sei „keine gute Demokratin“ gewesen. Das wiederum war eine schallende Ohrfeige für die PDS: Nur weil sie „die Waffe gegen Hitler“ erhoben habe, spreche Lindner sich gegen Niederkirchner aus, sagte PDS-Politiker Brauer. Lindner wiederum fühlte sich dadurch in Nazi-Nähe gerückt.

Grünen-Politiker Wolfgang Wieland gab als Nachbetrachtung zum Besten, dass ein „gesunkener Standard“ der Debattenbeiträge erkennbar sei.

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