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Berlin: „Keine falschen Versprechen mehr“

Pannen sind bei Großprojekten normal, damit umzugehen erfordert Führungsstärke. Was Krisenmanager und Netzwerkexperten raten.

Die Flughafengesellschaft ist dieser Tage viel gefragt, aber schwer erreichbar. Neben deutschen Zeitungen und Sendern wollen auch Journalisten aus aller Welt wissen: Woran lag es? Wie geht es weiter? Und wann – tatsächlich! – wird der BER voraussichtlich eröffnet? Die Pressestelle des Flughafens räumt ein, „nicht alle Anfragen so zeitnah wie gewohnt“ beantworten zu können.

In solchen Situationen greifen viele Einrichtungen und Unternehmen auf PR-Experten und Krisenmanager zurück. In der Branche der Kommunikationsprofis ist man sich weitgehend einig: Der Senat und seine Flughafenmanager müssten nun Führungsstärke zeigen. Und: „Das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen gelingt nur, indem es keine falschen Versprechen mehr gibt“, sagt Dirk Popp. „Das nächste Eröffnungsdatum muss absolut sitzen!“ Popp ist Vorstandschef von Ketchum Pleon, mit 300 Beratern eine der führenden PR-Agenturen des Landes mit viel Erfahrung in der Krisen-Kommunikation. Ob personelle Konsequenzen nötig sind, müsse man abwarten. „Nach außen muss jedoch deutlich werden, dass, wer die Suppe eingebrockt hat, sie auch auslöffeln muss“, sagt Popp. Dies sei kein Plädoyer für Rücktritte. Er halte „umgehendes Entlassen für – meist politische – Symbolik.“ Damit solle Handlungsfähigkeit gezeigt werden, ohne dass zwangsläufig an den Krisenursachen gearbeitet werde. Langfristig, glaubt Popp, halte sich der Imageschaden aber in Grenzen: „Natürlich wird jetzt Hohn und Spott über Berlin und Deutschland ausgeschüttet – gerade wegen unserer ach so gerühmten Pünktlichkeit.“ Allerdings werde der BER dennoch eröffnen, die Region braucht den Flughafen außerdem so sehr, dass sie ihn nicht auf Dauer boykottieren könne. „So gesehen ist der Imageverlust jetzt zwar da – wird sich aber deutlich relativieren“, sagt Popp.

Eine krisenfeste Kommunikation werde aber auch dann nötig sein: Startschwierigkeiten, fehlende Koffer, Warteschlangen und Verspätungen könnten zu neuem Ärger führen. „Alles, was man sonst vielleicht verziehen hätte, wird nun deutlich kritischer hinterfragt werden“, sagt Popp. „Die Öffentlichkeit ist nach dem Vertrauensbruch sensibilisiert.“

Dass es noch vor der Eröffnung eines so komplexen Bauvorhabens zu einer Panne gekommen ist, wundert Experten kaum. Lutz Prechelt, Professor an der Freien Universität, kennt sich als Informatiker und Netzwerkexperte mit Großprojekten aus. „Ich muss am ursprünglichen Tag der Eröffnung nach Zürich. Ich hatte kurz überlegt, ob ich fliege, aber gerade weil die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem so komplexen Projekt irgendwas nicht reibungslos läuft, einfach zu groß ist, habe ich schon vor Wochen ein Bahnticket gekauft“, sagt Prechelt. Doch der Forscher hat auch Kritik: „Ein gutes Projektmanagement erkennt vorher, ob es bei wichtigen Punkten irgendwann Schwierigkeiten geben wird.“ Wenn also beim Brandschutz auch nur kleinste Probleme entstanden sind, hätte man schon warnen sollen, „als die Gewissheit, noch rechtzeitig fertig zu werden, unter 90 Prozent sank.“Hannes Heine

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