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Berlin: Keine Lohnerhöhung, kein Weihnachtsgeld

Senat legt Konzept für Solidarpakt vor: Gehaltsverzicht soll nächstes Jahr 130 Millionen Euro sparen / Gewerkschaften: nicht umsetzbar

Von S. Kneist und S. Beikler

Bei den Solidarpakt-Verhandlungen mit den Gewerkschaften hat der Senat erstmals ein Konzept zur Senkung der öffentlichen Personalkosten eingebracht. Demnach sollen die Beschäftigten bis zum Jahr 2006 auf Gehaltserhöhungen und in den oberen Lohngruppen auf Weihnachtsgeld verzichten, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gestern nach der dritten Gesprächsrunde.

Im Gegenzug soll die wöchentliche Arbeitszeit im selben Zeitraum schrittweise auf 37 Stunden reduziert werden. Zudem will der Senat über das Jahr 2004 hinaus betriebsbedingte Kündigungen ausschließen. Eine Einigung über das Konzept ist nicht in Sicht. Berlins Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen zweifelte an der Umsetzbarkeit, da bundesweite Regelungen betroffen seien.

Nach Ansicht Stumpenhusens sind die Senatsvorschläge nicht neu, sondern lediglich in einem Paket zusammengefasst. Inhaltlich gebe es keine Annäherung. Über Einkommensverzicht und Arbeitszeitverkürzung zu verhandeln, liege nicht in der Kompetenz des Senats und der Berliner Gewerkschaften, dies könne nur auf Bundesebene geschehen. Bei Angestellten und Arbeitern sind diese Punkte im Flächentarifvertrag geregelt, für die Beamten gilt das bundesweite Beamtenrecht. „Wir werden über diese Vorschläge mit unseren Mitgliedern und der Bundesebene reden, weil wir zivilisierte Menschen sind“, sagte Stumpenhusen. „Aber: We are not amused.“ Anders als die Gewerkschaften sieht der Regierende Bürgermeister Wowereit angesichts der bevorstehenenden Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst gute Chancen für einen Berliner Sonderweg auf Grund der desolaten Haushaltslage. Er betonte, dem Senat sei sehr daran gelegen, „gemeinsam mit den Gewerkschaften eine einvernehmliche Lösung“ zu finden. Wowereit wollte jedoch keine einseitige Sparmaßnahme des Senats nennen, sollte es zu dieser Einigung nicht kommen. In zwei bis drei Wochen wollen Senat und Gewerkschaften erneut zusammenkommen.

Nach den Berechnungen des Senats können durch den Verzicht auf eine zweiprozentige Gehaltserhöhung für alle Beschäftigten und Pensionäre im kommenden Jahr rund 130 Millionen Euro gespart werden. Im Jahr 2006 betrüge die Einsparung schon 525 Millionen Euro. Die Halbierung des Gesamtvolumens des Weihnachtsgeldes könnte jährlich 217 Millionen Euro bringen, sagte Wowereit. Der Verzicht auf Urlaubsgeld könnte 39 Millionen Euro sparen. Insgesamt will der Senat die Personalkosten um 250 Millionen Euro im Jahr 2003 und um 500 Millionen Euro ab 2004 reduzieren.

Alle Berliner Oppositionsparteien lehnendie Vorschläge des Senats ab. Grünen-Fraktionsvize Volker Ratzmann sagte, das Konzept sei „rechtlich nicht durchsetzbar“. Er vermisse grundlegende Strukturvorschläge. FDP-Fraktionschef Martin Lindner bezeichnete das „Getöse“ um den Solidarpakt als „viel Lärm um Nichts“. Das Papier habe schon als Grundlage für die Ampelverhandlungen gedient. Seitdem sei es nicht weiterentwickelt worden. Für Uwe Goetze von der CDU sind die Verhandlungen gescheitert. Öffnungsklauseln würden die Gewerkschaften nicht zulassen. Vorschläge wie Arbeitszeitverkürzungen seien im Kita-Bereich ohne zusätzliches Personal nicht durchsetzbar.

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