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Besuche sind im Spremberger Krankenhaus nicht mehr erlaubt. (Symbolbild)

© imago images / Robert Poorten

Keine Maske, kein Abstand, kein Respekt: Krankenhaus Spremberg schließt für Besucher wegen Missachtung der Corona-Regeln

Viele Gäste kämen ohne Mundschutz, verweigerten ihre Daten zu hinterlegen, manche seien sogar aggressiv geworden: Nun gilt im Klinikum ein Besuchsverbot.

Von Sandra Dassler

Es waren nur ein paar Worte, doch sie lösten Erstaunen und Zustimmung, auch Empörung und sogar einen kleinen Shitstorm auf Facebook auf. „Sehr geehrte Patienten, sehr geehrte Besucher, ab 18. August 2020 sind Besuche im Krankenhaus Spremberg nicht mehr erlaubt.“

Die Entscheidung sei ihr nicht leicht gefallen, sagt Krankenhaus-Geschäftsführerin Kathrin Möbius. „Wir wissen ja am besten, wie wichtig der Kontakt zu lieben Menschen für den Heilungsprozess unserer Patienten ist. Aber so, wie sich viele Besucher hier benommen haben, blieb uns keine Wahl. Wir sind nun mal zuallererst der Sicherheit unserer Patienten und Mitarbeiter verpflichtet.“ Und die sei zunehmend gefährdet, weil Besucher die einfachsten Regeln der Sars-CoV-2-Umgangsverordnung nicht beachten. Oder besser gesagt: nicht mehr beachten, erzählt Kathrin Möbius.

Denn als nach dem Lockdown Besuche wieder möglich wurden, seien die Angehörigen und Freunde durchaus verantwortungsvoll gewesen. Doch das habe sich inzwischen grundlegend geändert. Viele kämen ohne den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. Sie weigerten sich, ihre Daten zur Kontaktnachverfolgung anzugeben, hielten sich nicht an den vorgeschriebenen Abstand und schon gar nicht an die Regelung, dass nur zwei Besucher pro Patient zugelassen sind: „Die kommen mit Kind und Kegel, da sind manchmal acht Personen in einem Krankenzimmer. Wenn die Schwestern dann auf die Regeln hinweisen, bekommen sie auch noch pampige Antworten und werden beschimpft, ignoriert und oft sehr respektlos behandelt.“ Das sei eine unmögliche Situation, zumal manche Besucher regelrecht aggressiv auftreten würden, erzählt die Krankenhauschefin.

Nicht nur die Spremberger Klinik hat dieses Problem. In den vergangenen Wochen gab es in ganz Deutschland immer wieder ähnliche Berichte. In einer bayerischen Klinik wurden die Mitarbeiter regelrecht ausgetrickst. In einer niedersächsischen Klinik randalierte ein Mann, weil er keine Maske tragen wollte. In Nordrhein-Westfalen entschloss sich ein Krankenhaus bereits Ende Juli, ein Besuchsverbot zu verhängen.

Krankenhausmitarbeiter aus Brandenburg berichten, dass sie zunehmend Sätze zu hören bekommen wie: „Alles gelogen, es gibt gar kein Corona“, „Man will uns nur gängeln und kontrollieren“, „Ich habe keinen Bock auf diese Sch...masken“.

„Man will uns nur gängeln und kontrollieren“, hören Krankenhausmitarbeiter

Der Krisenstab des Spremberger Krankenhauses hat lange überlegt, ob es noch andere Möglichkeiten gibt, die Schutzmaßnahmen durchzusetzen – etwa durch ein zeitweiliges Verschließen der Türen. „Aber das können wir schon aus brandschutztechnischen Gründen nicht machen“, sagt Kathrin Möbius: „Wir dürfen ja auch keine Fluchtwege versperren. Und unser Personal kann nicht ständig in die Zimmer gehen und kontrollieren, ob Masken getragen und Abstand gehalten wird. Es muss sich schließlich vorrangig um die Patienten kümmern.“

Das tun die Ärzte und Pflegekräfte mit großem Engagement. Das Spremberger Krankenhaus, in dem einschließlich des Service-Personals etwa 350 Mitarbeiter durchschnittlich 200 Patienten betreuen, gilt als eines der besten in Brandenburg. Vielleicht liegt das daran, dass es mehrheitlich der Belegschaft selbst gehört. Die meisten Mitarbeiter vom Arzt bis zum Techniker oder Verwaltungsangestellten sind in einem Förderverein organisiert, der 51 Prozent der Anteile an der gemeinnützigen Spremberger Krankenhausgesellschaft hält – ein in Deutschland einzigartiges Modell, das sich seit fast einem Vierteljahrhundert bewährt hat. Jährlich werden hier 5000 bis 6000 Patienten stationär und weitere zehntausend ambulant versorgt.

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Wie die meisten anderen Krankenhäuser hält auch Spremberg eine Station für Corona-Fälle beziehungsweise Corona-Verdachtsfälle offen. Zurzeit gibt es weder die einen noch die anderen und Kathrin Möbius hofft, dass das zumindest in den nächsten Tagen auch so bleibt. „Wir brauchen die Betten jetzt, um mehrere Dutzend ältere und pflegebedürftige Menschen aufzunehmen“, sagt sie: „Das wird ein Kraftakt, aber wir mussten helfen.“

Gesundheitsministerium: „Gerade in diesem sensiblen Bereich gilt es, besonders wachsam zu sein“

Hintergrund ist die Entschärfung einer 50-Kilogramm-Fliegerbombe, die am Montag im Spremberger Ortsteil Trattendorf gefunden und am Donnerstag entschärft wurde. Im Sperrkreis von 500 Metern befindet sich auch ein Seniorenzentrum, das evakuiert werden musste. Dort werden ältere Menschen zum Teil intensivmedizinisch betreut. Sie wurden bereits am Mittwoch ins Krankenhaus verlegt. „Auch vor diesem Hintergrund müssen wir die Einhaltung der Pandemie-Regeln garantieren“, sagt Kathrin Möbius.

Natürlich werde man in Notsituationen auch mal eine Ausnahme machen, aber das Besuchsverbot wird erst einmal bleiben. Aus dem Potsdamer Gesundheitsministerium kommt Zustimmung: „Gerade in diesem sensiblen Bereich gilt es, besonders wachsam zu sein“, sagt ein Sprecher. „Die Kliniken müssen die Regeln durchsetzen. Und dazu dürfen sie auch von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und entsprechende Verbote erlassen.“

Mit den bösen Kommentaren auf Facebook und anderen Plattformen kann Geschäftsführerin Kathrin Möbius leben, sagt sie: „Aber nicht damit, mir vorwerfen zu müssen, nicht alles getan zu haben, um Mitarbeiter und Patienten zu schützen.“

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