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Ein Bild aus einer Zeit, als in Berlin noch eng an eng gefeiert werden durfte.

© Sophia Kembowski/dpa

Keine Party über 40: Drohen Berlins Clubkultur Münchner Verhältnisse?

In München wird ein 44-Jähriger vor der Disko abgelehnt. Zu alt, sagt der Türsteher. Was bedeutet das für die Club-Metropole Berlin? Eine Glosse.

Dass München nicht Berlin ist, halten manche hier angesichts von steigenden Mieten, Oktoberfest auf dem Alexanderplatz und Verbrezelung der Bäckereien nur noch für eine Floskel. Gut, die Weißwurst hat es im Land der Currywurst schwer, aber sogar Schuhplattler samt Vereinsheim in Zehlendorf haben es sich in Preußen gemütlich gemacht. Und so muss man diesen Fall aus München ernst nehmen, könnte er doch Berlins letztes Alleinstellungsmerkmal, die Clubkultur, erschüttern.

2017 hatte ein damals 44-jähriger Münchner beim „Isarrauschen“ auf der Praterinsel feiern wollen. Doch der Türsteher hielt ihn für zu alt. Oida, schleich di! Für den Abgewiesenen ein klarer Fall von Altersdiskriminierung, weshalb er erst vors Amtsgericht und später vors Landgericht zog. Seine Argumentation: Er sehe gar nicht so alt aus. Zum Beweis dafür bot er seine deutlich jüngere Partnerin als Zeugin an. Denn die wäre ja bestimmt nicht mit ihm zusammen, wenn er aussähe wie ihr Vater.

Die Richter folgten dieser Logik nicht: „Bei derartigen Disco-Veranstaltungen steht nicht allein die Musik im Vordergrund, sondern das gemeinsame Feiern. Das Gelingen einer solchen Veranstaltung hängt damit entscheidend von einer gelingenden Interaktion unter den Gästen ab.“ Entschieden ist der Streit noch nicht, nun geht der Fall vor den Bundesgerichtshof.

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Schon jetzt beschäftigt der Fall die Berliner Clubs und ihre Gäste. Gilt auch in der Stadt der Freiheit bald nur noch U40 ein Recht auf Party? Ein Kenner der Szene beruhigt, er will wissen, dass in Reinickendorf niemand unter 44 in die Clubs komme.

In Berlin in jedem Club gern gesehen. Techno-Opa Bernhard Enste aka "Komet" tanzt.
In Berlin in jedem Club gern gesehen. Techno-Opa Bernhard Enste aka "Komet" tanzt.

© promo

„Es gibt hier kein Alterslimit“, sagt auch Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission. Er hat immerhin auch schon 41 Lenze auf dem Buckel und weiß, dass der Altersdurchschnitt in den Clubs jenseits der 30 liegt. „Es gibt in Berlin sehr bekannte Raver, die doppelt so alt sind wie der Mann in München.“

Zudem arbeite man seit Jahren an einer antirassistischen Tür-Policy. Fazit: „Die Berliner Szene unterscheidet sich von der Münchner.“ Na, dann ist ja gut. Darauf erst mal ein Augustiner – gibt’s ja in jedem Späti.

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