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Berlin: Keiner zum Kuscheln

Markus Löning war ein Grüner, bevor er zu den Liberalen kam.

Von Claudia Keller

Wünscht man sich das nicht: Einen Politiker, der nicht nur Phrasen drischt? Der kleine rundliche Markus Löning ist so einer. Er ist der zweite Mann auf der Landesliste der FDP, direkt nach Günter Rexrodt. Wenn die Liberalen am 22. September sieben Prozent bekommen, geht er in den Bundestag. In seinem Wahlkreis, in der Willi Graf-Oberschule in Steglitz saß der 41-Jährige vor ein paar Tagen auf dem Podium. Ob die Politiker mehr Gesamtschulen einführen wollen und das Zentralabitur, wollten die Schüler wissen. Es gehe nicht um diesen oder jenen Schultyp, sagt Löning, sondern darum, wie man jeden einzelnen Schüler individuell fördern könne. Und weil die Schulen am besten wüssten, wie und wo, sollten sie selbst ihre Gelder verplanen dürfen.

Er spricht ruhig, mit dunkler Stimme und ohne Polemik gegen die politische Konkurrenz am Tisch. Das kommt an. Die Jugendlichen fühlen sich ernst genommen von einem, der sagt, dass er „Kuschelpädagogik“ nicht fair findet, weil sie den Jugendlichen den Eindruck vermittelt, als könne man sich durchs Leben kuscheln. „So ist das Leben nicht.“

Bevor Löning zum Mikrofon greift, braucht er allerdings immer ein bisschen Aufwärmzeit. Und dann schlingt er noch das Mikrokabel zweimal um die Hand. Die Initiative zu ergreifen, ist seine Sache nicht. „Ich will mich nicht in den Vordergrund drängen“. Er wartet lieber noch einen Moment länger und hört zu, bevor er loslegt.

Auch zu den Liberalen ist Löning erst auf Umwegen gekommen. Als Politikstudent in Heidelberg war er ein Grüner. Heute kann er die „Verbohrtheit“ der Kollegen von einst nicht mehr ertragen – „und die Latschen, in denen die rumlaufen“, er lacht. Vor zwölf Jahren machte er sich mit seiner Werbeagentur selbständig und trat in die FDP ein. „Weil mir die persönliche Freiheit sehr wichtig ist.“

Seitdem kämpft er gegen Bürokratismen und zu hohe Steuern und für ein Bildungssystem, das den einzelnen im Blick hat und nicht die breite Masse. Seit 1995 ist er im Landesvorstand, seit einem Jahr im Bundesvorstand. Sein Paradebeispiel für Bürokratismus: Die Bezirksämter müssen den Kaufpreis absegnen, wenn ein Bauherr in einem Sanierungsgebiet ein Haus kauft. Wenn sich Löning aufregt, nestelt er an der Krawatte herum, als sei sie ihm zu eng.

„Wie hab ich gewirkt?“, fragt er und schultert seinen kleinen schwarzen Rucksack. Am liebsten würde er die Schüler auf eine internationale Schule schicken wie seinen 17-jährigen Sohn. Damit sie rauskommen aus dem engstirnigen Preußen. So wie er, der in Luxemburg aufgewachsen ist, weil sein Vater bei der EU arbeitete.

Die Lohnnebenkosten senken, an den Kündigungsschutz rangehen: Wenn Löning das liberale Operationsbesteck auspackt, fröstelt einen nicht, er versteht sich aufs Abfedern: „Das sind ja gut gemeinte Ideen“, sagt er, „aber meine Schwester, die ist gehörlos. Sie ist Buchbinderin und rundum so sehr geschützt, dass garantiert keiner sie einstellt.“

Mit wem er die Reformen am liebsten angehen würde? „Von CDU und SPD sind wir gleich weit weg. Aber mit den Sozialdemokraten wäre vieles leichter durchzusetzen. Die haben den richtigen Draht. Den zu den Gewerkschaften.“

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