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Musiker Andrej Hermlin mit weiterem Deutschen in Kenia festgenommen

© dpa

Kenia: Berliner Swing-Musiker auf dem Weg nach Hause

Der Musiker Andrej Hermlin wurde in Kenia aus der Haft entlassen. Die Familie ist entsprechend erleichtert. Derweil feierten Konzertbesucher den Swing-Star.

„Mir geht es gut“, sagte gestern gegen 14 Uhr Andrej Hermlin dem Tagesspiegel aus Nairobi. Wie berichtet, war der Bandleader des Berliner Swing Dance Orchestras in der Nacht zum Freitag dort verhaftet worden – unter dem Vorwurf „terroristischer Umtriebe“. Zu den einzelnen Modalitäten seiner Verhaftung und wie es überhaupt zu dem Verdacht und der Polizeiaktion kommen konnte, wollte sich der 42-Jährige gestern nicht an seinem Handy äußern. „Ich bin morgen daheim“, bat er um Geduld. Nur eines war dem Sohn des Schrifstellers Stephan Hermlin gestern schon wichtig genug, um es auszusprechen. „Ich möchte mich bei den kenianischen Behörden für die freundliche und herzliche Behandlung bedanken“, sagte er gestern. Auch der deutschen Botschaft in Kenia galt der Dank des Musikers für die schnelle Hilfe.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte dem Tagesspiegel, die schnelle Freilassung sei vor allem auf das Engagement des deutschen Botschafters in Kenia, Walter Lindner, zurückzuführen. Auch die mit Hermlin zusammen verhaftete Niederländerin sowie ein weiterer Deutscher seien wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Ob die Freilassung an bestimmte Auflagen oder Bedingungen geknüpft wurde, sei ihm nicht bekannt. Man gehe aber davon aus, dass sich die Vorwürfe als nicht zutreffend erwiesen hätten.

Am heutigen Sonntag will der 42-jährige Hermlin wieder in Berlin sein. Für Hermlins Ehefrau Joyce ging gestern ein Alptraum zu Ende. Gegen 12.30 Uhr bekam sie aus Nairobi den erlösenden Anruf ihres Mannes: „Ich bin frei.“ Seit 2001 ist die 27-jährige Kenianerin mit dem deutschen „King of Swing“ verheiratet.

Zwei Nächte hat die junge Frau und ihre russische Schwiegermutter Irina nicht geschlafen. Wann sie heute ihren Mann vom Flughafen abholen kann, wusste sie gestern noch nicht. Die Familie lebt in der Hermann-Hesse-Straße in Pankow. Dort wohnen die Hermlins in der Villa, in der Andrej 1965 geboren wurde und sein Vater Stephan 1997 starb. Dort will ihm seine Mutter heute russische Lieblingsspeisen kochen und Joyce „irgendwas Afrikanisches zaubern“. Der siebenjährige David und die dreijährige Rachel freuen sich auch, vom Drama um ihren Papa erfuhren sie aber nichts. Ihre Mutter hatte sie damit vertröstet, dass sein Flugzeug aus Kenia Verspätung hatte.

Das Land wurde dem Musiker, der nicht nur musikalisch, sondern auch im Outfit, im Haus und mit seinen fahrbaren Untersätzen dem Stil der 30er und der frühen 40er Jahre frönt, zu einer zweiten Heimat. In Kenia baute sich die Familie nicht nur im Heimatdorf von Joyce inzwischen ein Haus, sie engagiert sich dort auch für die Verbesserung der Lebensbedingungen. Nicht weggucken will der Musiker, wenn in Kenia die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Deshalb unterstützte Andrej Hermlin jetzt auch den Oppositionsführer Raila Odinga, den er persönlich kennt, gab sogar in Berlin ein Benefizkonzert für den kenianischen Präsidentschaftsbewerber.

Das „Happy New Year Swing Concert“ des Swing Dance Orchestras gestern Nachmittag in der Philharmonie musste dagegen ohne Andrej Hermlin auskommen. Sein Berliner Publikum ließ er aus Nairobi durch Veranstalter Otfried Lauer grüßen und ein wundervolles Konzert wünschen. Als der Konzertveranstalter um 15.30 Uhr in der gutbesuchten Philharmonie verkündete, dass der verhaftete Bandleader zwischenzeitlich wieder frei sei, brandete dort Beifall auf. Der Gruß an sein Publikum war gestern nicht Hermlins einzige Handybotschaft aus Nairobi. „An meiner Liebe zu Kenia hat sich nichts geändert“, sagte er. hema/das

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