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© ddp

Kennzeichnungspflicht für Polizisten: Dem Bürger so nah

Polizeipräsident Glietsch will seinen Mitarbeitern Namensschilder verordnen. Kritiker fürchten um die Sicherheit der Beamten. Ein Pro & Contra.

Berlin - Mehr als 100 000 Mal wurden die Szenen bereits im Internet angesehen. Verwackelte Bilder zeigen, wie ein Demonstrant ohne ersichtlichen Grund während der Datenschutzdemonstration ins Gesicht geschlagen und festgenommen wird. Für das öffentliche Bild der Polizei ist das Amateurvideo von letzter Woche ein Desaster. Polizeipräsident Dieter Glietsch reagierte prompt und betonte, dass er 2010 die individuelle Kennzeichnungspflicht von Polizisten durchsetzen werde. „In einer modernen und bürgernahen Polizei ist das Tragen von Namensschildern zur Uniform heutzutage eine selbstverständliche Geste“, so Glietsch.

Schon seit Mitte der 90er Jahre fordern Bürgerrechtsgruppen die Kennzeichnungspflicht. Sie verweisen darauf, dass es bei Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt meist unmöglich sei, den Täter zu identifizieren. Die behelmten Beamten seien kaum zu unterscheiden und vor Gericht würden Polizisten fast nie gegen ihre Kollegen aussagen. Die Pflicht zur Herausgabe der Dienstnummer werde meist verweigert.

Als Glietsch Ende 2008 erstmals ankündigte, mit den neuen Uniformen auch Namensschilder einzuführen, reagierten, bis auf die CDU, alle Parteien erfreut. Widerstand kam von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wir lehnen die Kennzeichnungspflicht nach wie vor ab“, sagt der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. Schon jetzt seien die meisten Anzeigen gegen Polizisten unbegründet. Eine Offenlegung des Namens bedeute für die Beamten eine zusätzliche Gefahr im privaten Bereich. Zum Schutz befindet sich deshalb auf der einen Seite der neuen Schilder der Name und auf der anderen die Dienstnummer der Beamten. So kann das Wendeschild vor brenzligen Situationen umgedreht werden. Trotzdem ist der Vorstoß des Polizeichefs noch nicht beschlossene Sache. Zuerst muss die Personalvertretung der Polizei zustimmen. Dass die Polizisten die neue Regelung widerspruchslos hinnehmen, gilt als unwahrscheinlich. Voraussichtlich muss die Einigungsstelle des Hauptpersonalrats in den Konflikt eingeschaltet werden, um zu vermitteln. Kommt es zu keiner Einigung, bleibt als letzte Möglichkeit, dass der Senat die Kennzeichnungspflicht per Beschluss durchsetzt.

Dass durch die Namensschilder sämtliche Übergriffe verhindert werden können, glaubt Glietsch nicht. „In stressbelasteten Situationen wie dieser kann es auch zukünftig zum Fehlverhalten einzelner Personen kommen.“ Glietsch hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, dass es ihm bei der Kennzeichnungspflicht nicht vorrangig darum gehe, Straftäter in den eigenen Reihen zu ermitteln. Viel wichtiger sei es ihm, Bürgernähe zu demonstrieren.

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