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Berlin: Kicken, kickern und krakeelen

Herthas Saisoneröffnungsparty bot viele Weisen des Fußballs und Stars aus der Nähe

Von Holger Wild

Was soll das denn? Sechs funkelnde Sportwagen stehen am Rande der Passenheimer Straße in Ruhleben, auf dem Weg zum Glockenturm und dem Maifeld, junge Männer verteilen Werbematerial über diesen neuen „Opel Speedster“ und – Moment mal! „Opel“ stand noch in der letzten Saison auf den Trikots von Bayern München. Pfuispinne! Was haben die hier zu suchen, hier auf dem Weg zur Saisoneröffnungsparty von Hertha BSC auf dem Maifeld?! Schnell weiter.

Herthas Sponsoren sind ganz andere. „Arcor“, „Continentale“, „Nike“, „94,3 rs2“, „Bäckerei Prentz“… Obwohl, ob „Bäckerei Prentz“ wirklich ein Sponsor ist, das wissen wir jetzt nicht. Aber sie hat hier auf dem Rasen einen Stand, da kann man ein Glücksrad drehen und ein „Hertha-Brot“ (Vollkorn, also spitzensportlich gesund) gewinnen. „Fan-Modul“ wird sowas genannt, kräht ein verzückter Ansagers, und alle anderen Fan-Module hier sind eben von Sponsoren.

Und zwischen denen tummeln sie sich in knallender Sonne, 20 000 insgesamt, all unsere Freundinnen und Freunde, die wir bald auch wieder im Stadion sehen werden, mit ihren Kutten und Trikots in Blau-Weiß. Essen eine Bratwurst, trinken ein Bier und schlendern von Fan-Modul zu Fan-Modul.

Selbige sind meist aufgeblasen und bieten diverse Möglichkeiten, Fußball zu spielen. Auf dem Klein- oder Kleinstfeld, gegen eine Torwand, auf einer unter Wasser gesetzten Plastikplane, wo die Kinder in höchstem Vergnügen um den Ball rutschen und schliddern, oder in einer Art Riesen-Kicker, wo die Kinder an Stangen angebunden sind und so ins feste Korsett einer Taktik gezwängt, wie sie sich rigider nicht mal Trainer Huub Stevens ausdenken könnte. Auch richtig gekickert wird, in einem Turnier, dessen Sieger am Nachmittag gegen zwei echte Hertha-Stars spielen dürfen: Dick von Burik und Rob Maas. Zuvor aber fliegt noch das beliebte Maskottchen Herthinho mit dem Fallschirm an, und viele zücken ihren Fotoapparat und schießen herrliche Bilder von einem winzigen Bären im weiten Himmelsblau.

Vor allem aber ist ab 13 Uhr Autogrammstunde. „Da kann ich die Spieler mal aus der Nähe sehen“, freut sich ein Mädchen im Trikot der vorletzten Saison. Und so stehen die Fans in langer Schlange und warten, dass sie auf die Tribüne des Maifeldes gelassen werden, wo in langer Reihe – und als einzige im Schatten – die Hertha-Spieler sitzen in ganzer Leibhaftigkeit und den Stapel von Autogrammkarten neben sich durch rastloses Signieren immer wieder auffüllen, von dem ihre Anhänger sich die Karten wegnehmen. Toll!

Ja, Luizao, sitzt auch da oben. Sieht nett aus, der Bursche, der Neueinkauf aus Brasilien, und hat eine hübsche Unterschrift. Aber darauf kommt’s ja eigentlich nicht an. Tore schießen soll er – und die Fans setzen auf ihn. Geben 65 Euro aus für eines der neuen, hässlichen Hertha-Trikots, und lassen es sich mit seinem n beflocken. Ohne ihn je spielen gesehen zu haben. Eine Wette auf die Zukunft – hoffentlich geht sie besser aus als die Sache mit der T-Aktie. Im Eröffnungsspiel gegen Dortmund kann er’s ihnen erstmalig beweisen. Noch elf Tage.

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