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Kieler Förde: Ex-Manager der S-Bahn entdeckt neue Potenziale

Der früherer S-Bahn-Vorstand Ulrich Thon heuert in Laboe bei Kiel an. In Berlin war er als gnadenloser Sparer berüchtigt.

Ein unverhofft prominent gewordener Ex-Berliner hat einen neuen Job an der Waterkant: Ulrich Thon, der bis vor einem Jahr als Technikchef bei der Berliner S-Bahn die bekannten Weichen mit den bekannten Folgen gestellt hat, ist künftig dem 5000-Einwohner-Ort Laboe an der Kieler Förde zu Diensten. Als „Werkleiter“ wird er für den lokalen Bauhof, die Schwimmhalle, den Tourismusbetrieb und den Hafen zuständig sein.

Laboe ist ein hübsches Strandidyll, aber Thon sieht den Ort im Interview mit der Lokalzeitung „Probsteier Herold“ noch nicht da, wo er sein sollte: „Wenn man mit einem wachen Auge durch Laboe geht, entdeckt man unheimlich viel Potenzial, das es zu nutzen gilt.“ Seine einstigen Untergebenen dürften bei solchen Worten erschauern. Denn auch bei der S-Bahn sah Thon unheimlich viel Potenzial. Zu seiner Zeit wurden Züge verschrottet, Wartungsintervalle gestreckt, Prüfdokumente gefälscht, Bremsen nicht mehr repariert und das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde mit einer falschen Selbstverpflichtung getäuscht. Als das Desaster da war (und Thon frisch zu DB Regio nach Frankfurt am Main gewechselt), berichteten S-Bahner, dass insbesondere Thon das Betriebsklima vergiftet und kritische Kollegen massiv eingeschüchtert habe. Zwar hat die Staatsanwaltschaft gerade ihre Ermittlungen eingestellt, weil den Ex-Chefs keine Straftat nachzuweisen ist, aber wie berichtet prüft die Bahn weiter, ob sie die Verantwortlichen in Haftung nehmen kann.

Thons Version im „Probsteier Herold“klingt so: Er habe einen „klaren Auftrag“ gehabt, der lautete: „Sanierung eines maroden Unternehmens.“ Dass die S-Bahn bei seinem Antritt als Vorbild an Zuverlässigkeit galt und wenige Tage nach seinem Abgang weitgehend den Betrieb einstellte, sagt er nicht. Nur so viel: Das Chaos beruhe auf einem „konstruktiven Mangel“, und er selbst sei bei der S-Bahn „als Wessi nie akzeptiert“ worden. Da hat der neue S-Bahn-Chef Peter Buchner mehr Glück, denn der spricht sogar Bayrisch und ist bei den Mitarbeitern hoch angesehen.

Karin Nickenig (CDU), die ehrenamtliche Bürgermeisterin von Laboe, sagt, sie habe Thon bisher als „kompetenten, durchsetzungsfähigen Menschen“ erlebt, von dem sie sich „viel Beratung“ verspreche. Fragen nach der Vorgeschichte ihres neuen Werkleiters findet sie despektierlich, spricht gar von einem „Kesseltreiben“ durch die Berliner Medien.

Auch Thon hatte seinen Abschied aus dem DB-Konzern in einer schriftlichen Mitteilung im März als „persönliche Antwort auf die permanente Medienkampagne gegen seine Person“ bezeichnet. Der damalige Betriebsratschef Heiner Wegner begrüßte die Entscheidung im Namen der Kollegen sehr und fügte hinzu, man habe „auch verstanden, was zwischen den Zeilen steht“.

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