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Berlin: Kiez und Metropole gehören zusammen

Viele Millionenstädte haben Bezirke. Zum Beispiel Berlin, London und Paris. Sie liegen damit weltweit im Trend, sagen Berliner Wissenschaftler

Ist eine Millionenstadt provinziell, nur weil sie sich Bezirke leistet – so wie Berlin? Dann wären auch Paris, London und andere Metropolen hoffnungslos rückständig. Viele Wissenschaftler, die erforschen, was Weltstädte im Innersten zusammenhält, kommen inzwischen zu anderen Schlüssen.

„Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die politisch-administrativen Strukturen von Metropolen immer stärker zu zweistufigen Modellen entwickeln, mit deren Hilfe die Vorteile zentraler und dezentraler Steuerung kombiniert werden können“. Das steht in einem langen Aufsatz der Verwaltungswissenschaftler Manfred Röber und Eckhard Schröter, in dem Berlin, Paris und London miteinander verglichen werden.

Es ist kein Zufall, dass sich die beiden Experten diese drei Städte ausgesucht haben. Während Paris in seiner historischen Entwicklung für zentralisierte und London für dezentralisierte Strukturen stehe, habe Berlin von Anfang an eine mittlere Position eingenommen. Im Lauf der Jahre habe eine Angleichung stattgefunden und in allen drei Metropolen werde nun intensiv über das schwierige Verhältnis zwischen der „Zentralmacht“ und den Verwaltungsbezirken diskutiert. Auf Dauer komme wohl keine Weltstadt mehr ohne diese beiden Ebenen aus, meinen die Wissenschaftler. „Unabhängig von rechtlichen, historischen und kulturellen Besonderheiten erweisen sich die globalen Entwicklungstrends als so durchschlagend, dass sich die Strukturen von Politik und Verwaltung immer weiter annähern.“

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert, die Expansion ins Umland und die Globalisierung hätten folgende Effekte: Explosionsartiger Bevölkerunganstieg, soziale Polarisierung, Massenverkehr, großer Bedarf an Versorgungs-, Gesundheits- und Kontrolldiensten, wachsende Ansprüche an das Bildungssystem, Abstimmungsbedarf zwischen Innenstadt, Randbezirken und Umland. Mit der Globalisierung hätten sich der Waren- und Informationsstrom noch beschleunigt, schreiben Röber und Schröter. Die internationalen Großunternehmen stellten hohe Ansprüche an die Qualität öffentlicher Leistungen und die Mobilität der Arbeitskräfte. Das verschärfe den Wettbewerb zwischen den Millionenstädten und großen Ballungsräumen.

Nach Meinung der Wissenschaftler stoßen die Verwaltungen der Mega-Städte überall an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Es werde immer schwieriger zu planen und die öffentlichen Budgets abzusichern. Als Reaktion auf die unterschiedlichen Anforderungen „scheint sich derzeit ein zweistufiges Metropolenregime herauszuschälen“, sagen Röber und Schröter. Dieses Modell ermögliche eine „zentrale Erledigung von wettbewerbsorientierten Funktionen“ und schaffe „hinreichende Freiräume für die dezentrale Wahrnehmung bürgernaher Aufgaben.“

Manfred Röber ist Professor an den Fachhochschulen „für Technik und Wirtschaft“ und „für Verwaltung und Rechtspflege“ in Berlin. Seine Spezialgebiete: Betriebswirtschaftslehre und Public Management. Eckhard Schröter ist Hochschulassistent an der Humboldt-Universität, mit Lehraufträgen an der Uni Potsdam und beim Auswärtigen Amt. Ihr Aufsatz, aus dem wir zitieren, heißt: „Europäische Metropolen im Vergleich“.

Ulrich-Zawatka-Gerlach

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