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Berlin: Kind nach Geburt getötet – Mutter vor Gericht Gegen eine 27-jährige Frau beginnt heute der Prozess.

Die Säuglingsleiche wurde erst nach zwei Jahren in ihrer Wohnung gefunden

Die Arbeit, die Mutter, der Freund – es musste irgendwie weitergehen. Und deshalb tat Bianca B. (27), nachdem sie ihre neugeborene Tochter im Bad erstickt hatte, als habe das Kind nie existiert. Erst zwei Jahre später fanden Monteure einer Kabelfirma die Säuglingsleiche im Wohnzimmer der jungen Frau: in Handtücher gewickelt, teilweise mumifiziert. „Die Frau hat angebenen, dass ihr die Tötung des Kindes als einziger Ausweg eingefallen sei“, sagt Justizsprecher Michael Grunwald. Heute beginnt vor dem Berliner Landgericht der Prozess gegen Bianca B.

Tatort Barnetstraße, Lichtenrade. Es ist ein ruhiges Viertel, Bianca B. wohnte hier seit Jahren in einer EinZimmer-Wohnung. Der Polizei hat die 27-Jährige gesagt, dass sie ihre Schwangerschaft zu spät bemerkt und dann verheimlicht habe. Laut Bianca B. waren selbst der Kindesvater, ihre Mutter und die im Nebenhaus wohnende Schwester ahnungslos. Im Sommer 2002 brachte Bianca B. – den genauen Tag wollte oder konnte sie nicht nennen – dann den Säugling offenbar zu Hause allein auf die Welt. Grunwald: „Sie hatte Angst, ihre Arbeit zu verlieren und das Kind nicht versorgen zu können.“ Laut Anklage legte sie ihre Hand auf Nase und Mund ihrer gesunden Tochter, bis der Säugling erstickt war. Anschließend legte Bianca B. das Bündel auf den Teppichboden und zog in die Wohnung ihres Freundes, dem Vater des Kindes. Später wohnte sie bei einem neuen Freund.

Bis zum Sommer 2004 soll die junge Frau nur noch sporadisch in der Barnetstraße aufgetaucht sein. Die Wohnung war nach Polizeiangaben ein wenig unordentlich, aber nicht dreckig. Im Winter 2003 schickte die Hausverwaltung jemanden vorbei, weil die Fenster bei Bianca B. ständig geöffnet waren. Das Bündel auf dem Boden fiel dem Hausmeister beim Fensterschließen aber nicht auf.

Als sich ein halbes Jahr später die Elektriker Platz zum Arbeiten an der Antennensteckdose verschaffen wollten, hoben sie das Bündel an. „Eine Sekunde dachten sie, das sei eine Puppe, dann erkannten sie das abgemagerte Skelett“, erzählte der Monteurs-Chef damals. Noch am selben Tag nahm die Polizei Bianca B. in Schöneberg an ihrer Arbeitsstelle fest. Schon in der ersten Vernehmung gab die 27-Jährige zu, ihr Baby getötet zu haben. „Aus Überforderung“, sagte Bianca B.

Immer wieder wurden in den letzten Jahren in Berlin Fälle bekannt, in denen Mütter ihre Neugeborenen direkt nach der Geburt umbrachten. Meist hatten sie wie Bianca B. die Schwangerschaft verdrängt und auch vor der persönlichen Umgebung verbergen können. Im Mai 2003 hatte eine 23-Jährige in Müggelheim ihr Neugeborenes erdrosselt und die Leiche in einer Wandverkleidung hinter der Badewanne versteckt. Sie hatte das Kind allein und ohne Hilfe zur Welt gebracht. Ein Jahr zuvor tötete eine 15-Jährige ihren Säugling und warf ihn in den Müllschlucker des Wohnhauses an der Rhinstraße. Im vergangenen Jahr wurde zudem in einem Gebüsch an der Neuköllner Bendastraße ein toter Säugling gefunden. Die Mutter konnte nicht ermittelt werden.

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