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Berlin: Kinder in Not: Paten sollen Hilfe organisieren So wird das Netzwerk Kinderschutz funktionieren

Jeden Monat müssen allein in Berlin acht Kinder in Pflegefamilien untergebracht werden – Zahlen der Caritas, die die Notlagen in vielen Familien verdeutlichen. Abhilfe schaffen soll das Berliner „Netzwerk Kinderschutz“, an dem seit einem Jahr gearbeitet wird.

Jeden Monat müssen allein in Berlin acht Kinder in Pflegefamilien untergebracht werden – Zahlen der Caritas, die die Notlagen in vielen Familien verdeutlichen. Abhilfe schaffen soll das Berliner „Netzwerk Kinderschutz“, an dem seit einem Jahr gearbeitet wird. Nachdem der Rat der Bürgermeister dem Konzept vergangenen Donnerstag zugestimmt hat, kann es nun endlich den Senat passieren – am Dienstag soll es so weit sein.

Das Frühwarnsystem für eine bessere Zusammenarbeit von Polizei, Jugendämtern, Kinderärzten, Krankenhäusern, Hebammen, Schulen und Kitas wird in der Stadt dringend gebraucht. Allein im Januar dieses Jahres holten Polizisten insgesamt 20 vernachlässigte Kinder und Jugendliche aus ihren Elternhäusern und gaben sie in die Obhut der Jugendämter.

Pannen in der Betreuung gefährdeter Kinder, wie es sie zuletzt bei etlichen Fällen gegeben hat und die auch bundesweit für Schlagzeilen gesorgt haben, soll es dann in Berlin nicht mehr geben. Ermöglicht werden soll das durch die lückenlose Dokumentation jedes Verdachtsfalls. Wie das genau funktionieren soll? Vor allem durch Vieraugen-Gespräche mit Eltern und Kindern und – bei Hinweisen auf eine akute Gefährdung des Kindes – durch schnelle, unangemeldete Hausbesuche der Jugendämter bei den Familien. Jeder einzelne Fall wird grundsätzlich von zwei Sozialarbeitern begutachtet und begleitet. Im Idealfall soll die Fürsorge aber schon vor der Geburt eines Kindes beginnen.

In Arztpraxen, Krankenhäusern und bei Hebammen werden sogenannte Ja-Bitte-Bögen ausliegen, deren Daten Ärzten und Hebammen erste Hinweise auf eine Notlage der werdenden Mutter geben sollen. Die Frau kann damit auch Hilfe erbitten, zum Beispiel wenn sie drogenabhängig oder ohne festen Wohnsitz ist. Die Angaben können aus Datenschutzgründen dann nur mit Zustimmung der Schwangeren weitergegeben werden. In solchen Fällen soll ein professioneller Gesprächspartner, etwa von einer Schwangerenberatung, angesprochen werden. Am Ende der Kette steht der „Kinderschutzkoordinator“. Er soll sowohl bei freiwilliger Mitarbeit der Mutter, aber auch dann, wenn sie sich nicht kooperativ zeigt, eingreifen. Dann wird der Fall anonym zwischen Schwangerenberatung und Kinderschutzkoordinator besprochen. Wenn der Experte das Kindeswohl bedroht sieht, kann er die Schweigepflicht brechen und das Jugendamt informieren.

Diese Kinderschutzkoordinatoren sind die zentralen Figuren im Netzwerk Kinderschutz, die Lotsen sozusagen. Jeder Bezirk setzt sie in den Jugend- und Gesundheitsämtern ein. Sie sollen die Fälle, bei denen ein Verdacht auf Kindesvernachlässigung besteht, lückenlos nach einheitlichen Kriterien dokumentieren, den Informationsfluss organisieren, den Eltern Hilfsangebote unterbreiten und deren Einhaltung kontrollieren. Das Gesundheitsamt ist für Kleinkinder bis zu zwei Jahren zuständig, die Jugendämter kümmern sich um ältere Kinder. Wie die Koordinatoren finanziert werden, wurde noch nicht bekannt.

Noch ein Jahr soll es dauern, bis das „Netzwerk Kinderschutz“ in Zusammenarbeit mit den Bezirken installiert ist. Die „Hotline Kinderschutz“ – ebenfalls schon lange angekündigt – soll aber flotter funktionieren. In ein bis zwei Monaten soll die zentrale Telefonnummer für alle, die Anzeichen von Kindesvernachlässigung beobachten oder selbst betroffen sind, eingerichtet sein. Sie ist rund um die Uhr erreichbar und wird vom Kreuzberger Kindernotdienst betreut. Die Sozialarbeiter dafür sind aber noch nicht gefunden, ebenso wenig wie eine Ziffernfolge.

Die Caritas startete jetzt eine Spendenaktion zugunsten von Kindern in Pflegefamilien (Infos: www.caritas-berlin.de)

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