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Berlin: Kinder nachts nur noch mit Eltern auf die Straße?

Jugendsenator Klaus Böger lehnt den Vorschlag des CSU-Generalsekretärs ab

Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sollen nach 20 Uhr nur noch in Begleitung Erwachsener das Haus verlassen dürfen: Dieser Vorschlag des CSUGeneralsekretärs Markus Söder hat in Berlin kontroverse Reaktionen ausgelöst. Söder will mit dieser Änderung des Jugendschutzgesetzes Verwahrlosung und Drogenmissbrauch eindämmen. Der Berliner Jugendsenator Klaus Böger (SPD) lehnt die Idee ab; auch Bundesfamilienministerin Renate Schmidt bezeichnete den Vorschlag als absolut unsinnig. Brandenburgs CDU-Innenexperte Sven Petke nannte den Vorstoß dagegen „interessant“.

Der CSU-Politiker Söder forderte in „Bild am Sonntag“, dass Eltern, die ihre Kinder verwahrlosen lassen, vom Staat viel schneller als bisher das Sorgerecht entzogen werden sollte. Die zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen sei erschreckend. Bislang dürfen Kinder und Jugendliche nachts ohne Einschränkungen auf der Straße unterwegs sein, auch ohne Begleitung Erwachsener. Das Jugendschutzgesetz reglementiet lediglich den Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in Gaststätten, „Tanzveranstaltungen“, Kinos und anderen jugendgefährdenden Orten.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert seit langem, Eltern mehr als bisher für Straftaten ihrer Kinder haftbar zu machen. Nach Ansicht der GdP machen sich Eltern in solchen Fällen nicht nur der Verletzung der Erziehungspflicht schuldig, sondern auch der Beihilfe zu Straftaten. Die Polizei hat keine Handhabe gegen straffällige Jungen und Mädchen unter 14 Jahren. Die Polizei baut deshalb auf Vorbeugung. Zum Beispiel gehen Beamte in Schulen und erklären Kindern die Folgen von Straftaten. In jeder Direktion gibt es einen Jugendbeauftragten. Offiziell wollte die Polizei am Sonntag zu dem Vorschlag keine Stellung nehmen; das sei Sache des Senats, hieß es. In der täglichen Praxis aber beklagen die Polizisten, dass sich vor allem in Problembezirken teilweise zehnjährige Kinder bis spät in die Nacht unbegleitet auf der Straße aufhalten. Klar ist, dass sich ein nächtliches Ausgehverbot nur schwer durchsetzen lässt. Für die in kriminalitätsbelasteten Bezirken wie Neukölln-Nord oder Wedding arbeitenden Beamten sei es schlichtweg unmöglich, zusätzlich noch spielende Kinder nachts auf der Straße aufzusammeln und bei den Eltern abzuliefern.

Für die Polizei sind aber die Kinder, die einmal in Nachbars Garten beim Äpfelklauen erwischt werden, nicht das Problem. Sondern die organisiert von ihren Eltern zum Klauen losgeschickten Sprösslinge. Bundesweit bekannt geworden ist der Kampf der Kölner Polizei gegen klauende Sinti-und-Roma-Kinder. Nachdem die Zahl der Taschendiebstähle auf ein untragbares Maß gestiegen war, wurde eine Sonderkommission gegründet. Und die hatte Erfolg, obwohl Kinder ja nicht strafmündig sind. Stattdessen wurden die Eltern belangt – wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Die Eltern wurden über jeden Diebstahl ihrer Kinder von der Polizei informiert, und zwar beweissicher mit Dolmetscher und Unterschrift unters Protokoll. Eine derartig arbeitsintensive Sonderkommission gibt es bei der Berliner Polizei jedoch nicht . Derzeit gibt es vor allem in amerikanischen Großstädten eine Ausgangssperre für Kinder. Seit 1998 ist auch im Brüsseler Stadtteil Koekelberg nach 22 Uhr für Kinder unter 14 Jahren der unbegleitete Aufenthalt im Freien verboten. Bei Zuwiderhandlungen werden sie von der Polizei nach Hause gebracht.

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