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Kinderarmut

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Kinderarmut: Jedes dritte Kind lebt von Hartz IV

Die Koalition erwägt die Ausweitung der Bezuschussung für bedürftige Familien. 178.000 Kinder leben in Hartz-IV-Familien. Das sind knapp 12.000 mehr als noch 2005.

Angesichts der zunehmenden Kinderarmut in Berlin erwägen Abgeordnete von SPD und Linkspartei, allen bedürftigen Kindern Zugang zu einem kostengünstigen Mittagessen in der Schule zu verschaffen. Bisher profitieren von den staatlichen Zuschüssen nur Kinder mit einem Hortvertrag. Alle anderen müssen das Essen voll bezahlen. Dies sei eine „Ungleichbehandlung“, kritisierte gestern die SPD-Bildungspolitikerin Felicitas Tesch. Unterdessen wurde durch eine Kleine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Margrit Barth bekannt, dass die Kinderarmut in Berlin weiter wächst.

Demnach ist allein zwischen Dezember 2006 und März 2007 die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Berlin, die in Hartz-IV-Haushalten leben, von 176.200 auf knapp 178.000 gestiegen. Wenn man auch noch die Kinder hinzunimmt, deren Familien „Hilfen zum Lebensunterhalt“ bekommen, ergibt sich, dass 40,6 Prozent der unter Achtjährigen und 34,3 Prozent der Acht- bis 14-Jährigen betroffen sind. Angesichts dieser Zahlen hält Barth es für dringend erforderlich, das Schulessen stärker zu subventionieren.

Ein Anfang ist bereits gemacht: Vom Januar 2008 an sollen alle Kinder an Ganztagsgrundschulen, die aus bedürftigen Familien kommen, einen Essenszuschuss bekommen. Bisher müssen sie rund 40 Euro an die Caterer bezahlen, was pro Schultag etwa zwei Euro ausmacht. Da Hartz-IV-Familien aber insgesamt nur rund 2,60 Euro pro Tag für die Ernährung ihrer Kinder zur Verfügung haben, werden bisher viele Kinder vom Essen abgemeldet, obwohl sie bis 16 Uhr in der Schule sind. Erst nachdem der Verband der Ganztagsgrundschulen und die GEW-Schulleitervereinigung vehement auf diesen Missstand hingewiesen hatten, beschlossen SPD und Linkspartei unlängst, das Essen zu bezuschussen.

Nicht geklärt ist damit aber die Essensversorgung der rund 60.000 Grundschulkinder, die weder einen Hort noch eine Ganztagsschule besuchen. Ein Großteil von ihnen wird zu Hause bekocht. Schulfachleute gehen aber davon aus, dass immer noch viele Kinder übrig bleiben, die gern in der Schule essen würden, deren Eltern aber die 40 Euro scheuen. Dies bedeutet, dass diese Schüler zusehen müssen, wenn ihre Mitschüler in die Mensa gehen: Die Grundschule dauert bis 13:45 Uhr, das Essen wird aber meist schon zwischen 11:30 Uhr und 13 Uhr angeboten. „Diese Situation muss sich ändern“, steht für Barth fest. Deshalb werde weiter mit dem Koalitionspartner verhandelt. Um festzustellen, wie viele Kinder überhaupt betroffen sind, hat die „Vernetzungsstelle für das Schulessen e.V.“ eine Umfrage in den Bezirken gestartet.

Fest steht bereits, dass die Zahlen in den Bezirken sehr differieren: Während es in den Ost-Bezirken üblich ist, dass alle Kinder am Schulessen teilnehmen dürfen, sind einige Schulleiter in den Westbezirken der Ansicht, dass darauf nur Hortkinder Anspruch haben. So müssen zum Beispiel in einer Reinickendorfer Schule all jene Kinder draußen bleiben, die etwa wegen Arbeitslosigkeit der Eltern keinen Hortplatz bekommen haben: Sie dürfen selbst dann nicht mitessen, wenn ihre Eltern die 40 Euro bezahlen wollen.

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