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Kinderarzt-Notstand Weihnachten 2012: "Schlimmer als bei der Schweinegrippe"

Ein Drittel der Berliner Kinderärzte machte über die Feiertage dicht, kleine Kranke warteten stundenlang. Nun streiten die Verbände.

Wartezeiten von bis zu acht Stunden in den Rettungsstellen der Kliniken oder beim Kinder-Notfallarzt: Dies mussten akut erkrankte Kinder und ihre Eltern über Weihnachten und bis ins neue Jahr hinein oft ertragen. In der abgelaufenen Woche hat sich die Situation etwas gebessert, weil viele Kinderärzte aus dem Kurzurlaub zurück sind, aber die Berliner Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin warnt schon vor dem nächsten „dramatischen Engpass“ – spätestens über Ostern. Zugleich rügt ihr Vorsitzender Rainer Rossi die aus seiner Sicht für den Missstand verantwortliche Kassenärztliche Vereinigung (KV). „Die abstrusen Wartezeiten können erkrankte Kinder schlichtweg gefährden“, sagt er.

Wie berichtet, herrschte in Berlin seit dem 24. Dezember ein Kinderarzt-Notstand. Nach Zählungen von Kennern der Branche waren etwa 110 Praxen von niedergelassenen Pädiatern auch an den Brückentagen geschlossen. Insgesamt sind in Berlin etwas mehr als 300 Kinderärzte freiberuflich tätig, oft mehrere in einer Praxis. In der Folge bestürmten die Eltern mit ihrem kranken Nachwuchs die nur fünf kinderärztlichen Notdienststellen Berlins sowie die Klinik-Notaufnahmen. Vier der offiziellen Erste-Hilfe-Stellen für Kinder werden von der KV organisiert. Zusätzlich gibt es die private Notfallpraxis des Kinderarztes Peter Hauber an der Steglitzer Flotowstraße. Kritiker halten dieses Angebot in einer 3,5-Millionen-Stadt für viel zu gering. Aus KV-Sicht reicht es aus. „Wir haben damit unseren Auftrag, die Erstversorgung sicherzustellen, erfüllt“, sagte am Sonntag der Vize-KV-Vorsitzende Uwe Kraffel. Auch sei der Andrang seit Weihnachten gar nicht so schlimm gewesen.

Rainer Rossi von der Berliner Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Steglitzer Not-Kinderarzt Peter Hauber widersprechen Kraffel heftig. Hauber berichtet von Warteschlangen vor seiner Praxis, „die länger waren als zu Zeiten der Schweinegrippe-Epidemie“.

Rossi ist Chefarzt der Kinderklinik am Krankenhaus Neukölln. Dort erlebte er über die Feiertage einen „gewaltigen Stress“. Der Streit um die Kinder-Notdienste sei „ein Dauerkonflikt“. Selbst an normalen Sonntagen reichen die Angebote aus Sicht von Branchenkennern oft nicht aus. Um das Problem zu lösen, müsste man zusätzliche Notdienste schaffen. Christoph Stollowsky

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