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Berlin: Kinderfilmfest nichts für Kinder

Fans aus Kino geschickt, weil Horrorstreifen siegte

Von Susanna Nieder

Der Wettbewerb für Kinderfilme der Berlinale endete am Sonnabend mit einer schweren Enttäuschung für alle Kinder unter zwölf Jahren. Da der Gläserne Bär an den thailändischen Horrorfilm „Das Internat“ ging, musste Sektionschef Thomas Hailer bei der großen Abschlussveranstaltung im Zoo-Palast 1 vor der Vorführung alle Kinder unter zwölf Jahren auffordern, den Saal doch bitte schön zu verlassen. Er sagte: „Geht mit euren Eltern ein Eis essen und kommt nächstes Jahr wieder.“ Von vielen Eltern wurde dieser Satz als arrogant empfunden, die Kinder waren traurig. Die Mutter einer Zehnjährigen schimpfte: „Das ist ein Skandal!“ Viele verließen vor der Vorführung den Saal, andere folgten hastig nach den ersten Filmszenen.

Es ist verwirrend genug, dass das Kinderfilmfest der Berlinale jetzt den sperrigen Titel „Generation Kplus“ trägt. Auch das Programm sorgte in diesem Jahr für Unsicherheit, denn nicht alle Filme waren für Kinder geeignet. So erzählt das ungarische Roadmovie „Iskas Reise“ von einem Straßenkind, das Mädchenhändlern in die Hände fällt, zeigt eine Vergewaltigung und lässt die Zuschauer mit einem offenen Ende zurück. Die Geistergeschichte „Das Internat“ arbeitet sehr nachdrücklich mit den visuellen und musikalischen Methoden des Horrorfilms und ist trotz eines versöhnlichen Endes für Kinder zu unheimlich. Die Kinderreporter des Tagesspiegels – sie sind fast alle zehn Jahre alt – hielten sich während des Films die Hände vor das Gesicht und kamen einhellig zu der Meinung: „Das war kein Kinderfilm.“

Dass aber ein Film mit höherer Altersempfehlung den Kinderfilm-Wettbewerb gewinnt, ist fast unvermeidlich. Die elf Mitglieder der Kinderjury von Generation Kplus, die über die Vergabe des Gläsernen Bären entscheidet, sind zwischen elf und 14 Jahre alt. Kinder orientieren sich in Geschmacksfragen bekanntlich immer an den Älteren – und die sind mit deutlich über zwölf Jahren schon keine Kinder mehr. So haben Filme für die Kleineren wenig Chancen auf eine Auszeichnung. Dass auch der Preis des Kinderhilfswerks an „Das Internat“ ging, macht die Sache nicht besser. Vom wichtigsten Kinderfilmfestival der Welt sollte man erwarten dürfen, dass es für seine Zielgruppe – Kinder zwischen neun und zwölf Jahren –, geeignet ist. „Generation“ verfügt neben Kplus auch über den Jugendfilm-Wettbewerb 14plus – mit eigenem Preis. Vielleicht wären „Iskas Reise“ und „Das Internat“ dort besser aufgehoben gewesen. Vielen Kindern wäre wohl eine Enttäuschung erspart geblieben.

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