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Berlin: Kinderfreundliches Berlin?

Was Familienpolitiker zur Abwanderung sagen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Das Häuschen mit Garten, gleich neben dem Maisfeld, das kann die Großstadt nun mal nicht bieten.“ Senator Klaus Böger, der für die Familienpolitik in Berlin zuständig ist, warnt vor Illusionen. Die Stadtflucht von Menschen mit Kindern, die unbedingt ins Grüne wollen, sei kaum zu verhindern. Selbst wenn mehr Einfamilienhäuser als bisher am Stadtrand gebaut würden. Das sei in München oder Hamburg nicht anders. Böger setzt deshalb auf die vielen jungen Leute, die als Singles nach Berlin kommen, das urbane Leben genießen – und dann auf einmal Kinder bekommen. „Single sein ist ja kein unveränderlicher Naturzustand.“

Der Senator fühlt sich bestätigt durch die Entwicklung in Prenzlauer Berg. Dort seien Kinder „wieder in“. Mit Müttern und/oder Vätern, die im gehobenen Dienstleistungsbereich arbeiten, und die sich mitten in der Stadt wohl fühlen. Natürlich müsse das Kita- und Schulangebot stimmen „und es darf nicht so sein, dass man überall auf Hundescheiße tritt“. Die Wohnungen müssten bezahlbar, das Umfeld für Familien attraktiv und sicher sein. Christa Müller, in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion Expertin für Familienpolitik, hat zwei Kinder, kommt aus Pankow und kennt die Gegend, über die Parteifreund Böger spricht. Hat er Recht?

Ja, er hat wohl Recht. Unter Eltern gelte Pankow als kinderfreundlicher Bezirk. „Junge Eltern fühlen sich dort wohl, gerade auch in Prenzlauer Berg“, sagt Christa Müller. Und zwar deshalb, weil sie nicht einsam im Garten sitzen wollten. Es gebe hier viele Stadtplätze und auch Parks. „Man trifft seinesgleichen, die Kinder finden schnell Kontakt und die Wohnungssituation ist akzeptabel“. Die neuen Daten des Statistischen Landesamts – nur in jedem fünften Berliner Haushalt leben Kinder – hätten sie zwar auch erschreckt, aber der Trend werde sich berlinweit umkehren, „auch wenn das eine Weile dauert“. Davon geht übrigens auch Familiensenator Böger aus.

Ein großer Standortvorteil Berlins, darauf weist Christa Müller hin, sei das hervorragende Betreuungsangebot für kleine Kinder. Deshalb sei es besonders wichtig, flächendeckend Ganztagsschulen anzubieten, damit auch Schulkinder gut untergebracht seien. Zunächst richtet Rot-Rot in der Hauptstadt aber nur 30 „verlässliche Grundschulen“ ein, die eine regelmäßige Betreuung bis zum Nachmittag anbieten. Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Es ist zu vermuten, dass unter solchen verbesserten Rahmenbedingungen wieder mehr Kinder geboren werden“, steht in einem Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Familien- und Bildungspolitik. Zehn Prozent mehr Ganztagsplätze erhöhten die Chancen junger Mütter, erwerbstätig zu sein, um immerhin drei Prozent.

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