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Berlin: Kino-Blues im Zoo-Palast

50 Jahre wird der traditionsreiche Bau alt Im Jubiläumsjahr droht der Teil-Abriss

Heute wird es eng im Zoo-Palast. Abends stellt Julie Delpy im Rahmen der Berlinale ihren Film „2 Days in Paris“ vor, und wahrscheinlich platzt der große Saal lange vor Beginn aus allen Nähten. Das erinnert an große Premieren, Trompeten-Fanfaren zur Bärenverleihung und jede Menge Stars. Doch der Alltag im Zoo-Palast des Jahres 2007 sieht anders aus. Die Bärenverleihung ist seit Jahren abgezogen, Premieren sind rar und ausverkauft ist der große Saal des Kinos außerhalb der Berlinale nur noch selten.

Vor 50 Jahren wurde das Kino als Bühne der Filmfestspiele eröffnet. Doch in seinem Jubiläumsjahr plant der Eigentümer, die Bayerische Bau- und Immobiliengruppe, einen tiefen Schnitt in die Substanz. Karl Josef Stindt, zuständig fürs Objektmanagement, vermeidet das Wort, aber vorgesehen ist nicht weniger als ein teilweiser Abriss. „Die Säle sind nicht mehr marktgerecht. Wir wollen den großen Saal verkleinern und das Atelier, also das Kino vier, ganz opfern.“

Das reicht aus, um Wieland Speck, Panorama-Sektionsleiter der Berlinale und heute Abend Gastgeber für Julie Delpy, wütend zu machen. „Das ist ein Verbrechen“, schimpft er, „das Atelier gehört, wie der große Saal des Zoo-Palasts, zu den letzten Kinosälen, die das Publikum umarmen.“ Es sind diese beiden Säle aus den 50er Jahren, die das Festival für seine Reihen Generation und Panorama nutzt. Objektmanager Stindt sieht es nüchtern: „Die Zweckbestimmung von Kinosälen ist, dunkel zu sein.“ Daher sei das Interieur nicht wichtig. „Die Filme, nach deren Vorstellung ich weiß, wie der Saal ausgesehen hat, waren wohl nicht so spannend“, sagt Stindt.

Derzeit sind die beiden Säle, um die es geht, ebenso denkmalgeschützt wie das Foyer und die Fassade. Das Foyer soll in seiner vollen Größe bleiben, der große Saal von derzeit 1070 Plätzen auf 700 reduziert werden und das Atelier mit den 438 Plätzen zugunsten einer Ladenzeile weggerissen werden. Diese Shopping- Passage plant die Bayerische Immobiliengruppe in das benachbarte Bikini-Haus zu verlängern, das ihr ebenfalls gehört. Als Ersatz für das Atelier und die Kinosäle, die in den 60er und 70er Jahren angebaut wurden, sind vier neue Säle auf dem Dach der Einkaufspassage geplant. Am Ende hätte der Zoo-Palast dann statt neun nur noch fünf Säle und würde statt 2758 Zuschauern nur noch rund 1600 Platz bieten.

Den Kinobetreiber, die Kette United Cinemas International (UCI), lassen diese Eckdaten aufatmen. „Die Besucherzahlen im Zoo-Palast haben sich kontinuierlich nach unten bewegt“, sagt Marketingkoordinator Christian Arbeit. Schuld sei, dass die einstige Kinomeile am Kurfürstendamm verschwunden und die westliche Innenstadt als Ausgeh-Viertel nicht mehr gefragt sei. Deshalb, und weil die Betriebkosten im Zoo-Palast deutlich höher als in modernen Multiplex-Kinos seien, könne UCI das Haus nicht kostendeckend betreiben. Der Mietvertrag läuft in zwei Jahren aus. Bis dahin müsse es modernisiert sein: „Der jetzige Qualitätsstandard ist nicht mehr vermittelbar.“

Dass ausgerechnet das Atelier keine Zukunft hat, und selbst die Denkmalschützer den Saal aufgegeben haben, stimmt Panorama-Leiter Speck nachdenklich: „Die Berlinale muss sich ins Zeug werfen, damit das Kino erhalten bleibt.“ Das zumindest kündigte im April 2006 auch Festival-Chef Dieter Kosslick im Abgeordnetenhaus an. Objektmanager Stindt: „Wir haben das Gespräch mit Herrn Kosslick gesucht, aber keine Antwort erhalten.“

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