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Berlin: Kirchweihfest mit einem Unbequemen

Festgottesdienst zum 75. Jubiläum der Kreuzkirche

Ein kleiner Keramikengel wäre gestern vormittag beinahe schuld gewesen, dass die Besucherin keinen Platz mehr in der evangelischen Kreuzkirche in Schmargendorf gefunden hätte. Dort war vor dem asiatisch anmutenden, pagodenhaften Kirchenportal ein kleiner Basar zugunsten eines Obdachlosenprojekts im Kiez aufgebaut. An dem Engel war kein Vorbeikommen – „nimm mich mit“, schien er zu rufen, derweil es aus dem 54 Meter hohen Glockenturm schon mahnend zum Gottesdienst läutete.

Zu dem reichten gestern im festlich mit Kerzen geschmückten Kirchenschiff zuletzt nicht mal mehr die herbeigeholten Stühle – so zahlreich hatte sich die KreuzkirchenGemeinde versammelt, um das 75. Jubiläum ihres Gotteshauses zu feiern. Am 15. Dezember des Jahres 1929 war die von Vater und Sohn, Ernst und Günther Paulus, entworfene Kreuzkirche eingeweiht worden – bis heute einer der wenigen expressionistischen Sakralbauten überhaupt.

Vor dem prächtigen Lila des Altarraums hing gestern ein riesiger grüner Adventskranz, an dem drei Kerzen das nahe Fest aller Christen verkündeten. Gott mit Freude zu feiern, zu jauchzen, zu frohlocken und zu dienen gab das Kirchweihfest gestern schon den Anlass, zu dem Pfarrer Walter-Christian Krügerke neben der Gemeinde auch Gäste wie die Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen begrüßte.

„Jauchzet dem Herren alle Welt“, gab dann fast mit Engelsstimmen der Kirchenchor der allgemeinen Freude Ausdruck, zu der auch ein paar Schmargendorfer Winzlinge fröhlich kreischend ihren Kommentar abgaben.

Altbischof Martin Kruse war es dann, der mit Johannes dem Täufer aus dem Lukas-Evangelium einen unbequemen Christen ins Spiel brachte. Was soll so einer beim „75.“, provozierte der Altbischof. So einer wie Johannes, der verhaltensauffällig ist, der sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt und seine Täuflinge als Schlangenbrut bezeichnet. Die Axt sei den Bäumen schon an die Wurzeln gelegt, sagt er und weiß der ratlosen Menge dann doch Antwort.

„Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat und wer zu essen hat, tue ebenso“, antwortete Johannes unter anderem. Diese einfache Adventsbotschaft habe auch beim Kirchweihfest Bedeutung, sagte Martin Kruse. Solle man sich doch nicht nur freuen und dankbar sein, sondern auch fragen, was man im Glauben schuldig geblieben sei. In der Gesellschaft klaffe die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr, und die unheimliche Macht des Egoismus sei gang und gäbe. Dabei werde, wer teilt, nicht arm, sondern reich. In Gott. hema

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