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Berlin: Kita-Privatisierung kein Kinderspiel

Die Privatisierungspläne der künftigen Regierungsparteien für die städtischen Kindertagesstätten haben am Donnerstag kontroverse Reaktionen ausgelöst. Die Gewerkschaft GEW sprach von einem Schnellschuss von SPD, FDP und Grünen und befürchtet Personaleinsparungen, Nachteile für Erzieherinnen sowie größere Kita-Gruppen.

Die Privatisierungspläne der künftigen Regierungsparteien für die städtischen Kindertagesstätten haben am Donnerstag kontroverse Reaktionen ausgelöst. Die Gewerkschaft GEW sprach von einem Schnellschuss von SPD, FDP und Grünen und befürchtet Personaleinsparungen, Nachteile für Erzieherinnen sowie größere Kita-Gruppen. Ähnlich äußerte sich die CDU. Die Wohlfahrtsverbände hingegen, die den Großteil der Kitas übernehmen sollen, begrüßten den Schritt als überfällig.

Aus ihrer Sicht könne das Land jährlich dreistellige Millionenbeträge sparen. Allerdings gebe es noch großen Verhandlungsbedarf darüber, unter welchen Bedingungen die rund 1000 städtischen Kitas an freie Träger übertragen werden sollen. Die Koalitionäre hatten sich am Mittwoch überraschend geeinigt. Sie gingen weit über bisherige Pläne hinaus, nach denen 70 Prozent der Kitas künftig von Wohlfahrtsverbänden und Elterninitiativen betrieben werden sollten. Jetzt wolle man im Koalitionsvertrag festschreiben, dass die Kitas zu 100 Prozent privatisiert werden sollen und die Trägervielfalt erhalten bleibt, sagt eine Verhandlungsteilnehmerin. Alles weitere ist dem künftigen Jugendsenator überlassen. Die Unterhändler der drei Parteien versprechen sich erhebliche Einsparungen im Berliner Landeshaushalt, weil die Kinderbetreuung in freier Trägerschaft billiger ist.

Zwischen 180 und 290 Millionen Mark könnte das Land jährlich sparen, sagt die Sprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Elfi Witten. Unter anderem, weil bei freien Trägern nur die wirklich von Kindern belegten Betreuungsplätze finanziert werden müssen und der Verwaltungsaufwand geringer ist. Städtische Kitas hingegen bekommen eine Pauschale. Bevor die Kitas allerdings übertragen werden, stehen harte Verhandlungen an. Die Wohlfahrtsverbände und auch der Dachverband der Kinder- und Schülerläden wollen pädagogische Mindestbedingungen garantiert haben, die der künftigen Landesregierung einiges abverlangen dürften. So soll der Senat den Betreuungsstandard halten und nicht mehr Kinder als bisher pro Gruppe zulassen. Die eingesparten Millionen sollten in die überfällige Sanierung von Kita-Gebäuden fließen.

Die Erziehergewerkschaft GEW weist auf den Zusammenhang des Privatisierungsbeschlusses mit anderen geplanten Sparmaßnahmen hin. So seien die Erhöhung der Elternbeiträge, die Einschränkung der Betreuung für Kinder von Studenten und Arbeitslosen sowie größere Kindergruppen im Gespräch - unabhängig von privater oder öffentlicher Trägerschaft. Außerdem stehe die Berechnung der erhofften Einsparungen "auf wackligen Beinen", sagt der stellvertretende GEW-Vorsitzende Dieter Haase. So müsse das Land bei den maroden Kita-Gebäuden möglicherweise wesentlich mehr Geld investieren, als es später einspare.

Unerwarteten Beistand bekommen die Gewerkschaften von der oppositionellen CDU. "Die Zukunft der Kindertagesstätten ist ungewisser denn je", warnt deren Vize-Fraktionschef Gregor Hoffmann. Er befürchtet, "dass staatlich garantierte Leistungen nicht mehr gewährleistet werden". Auch sei die berufliche Zukunft der mehr als 12 000 Erzieher offen. Seitens der Koalition hält man die Kritik für ungerechtfertigt. "Die Senatsjugendverwaltung wird mit Bezirken, freien Trägern und Gewerkschaften eine Lösung aushandeln, bei der weder die Betreuung schlechter noch Personal abgebaut wird", versichert eine Verhandlungsteilnehmerin.

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