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Berlin: Kitas zu Reihenhäusern: Eigentumswohnung im Kindergarten

Berlin und Halle stehen zum großen Teil leer, und ihre Aussichten sind trübe: Langsamer Verfall und vielleicht sogar der Abriss. Haben die beiden das verdient?

Berlin und Halle stehen zum großen Teil leer, und ihre Aussichten sind trübe: Langsamer Verfall und vielleicht sogar der Abriss. Haben die beiden das verdient? Das Büro "Kehrer Architekten" in Kreuzberg hat Pläne entwickelt, wie nicht mehr benötigte Kindertagesstätten der Plattenbautypen "Berlin" und "Halle" in schmucke Eigenheime zu verwandeln sind. Was in Hohenschönhausen mit dem Umbau einer Kita zu Eigentumswohnungen bald zu klappen scheint, könnte in Hellersdorf mit Reihenhäusern Schule machen.

Eigentumswohnungen in unbenötigten Kitas wären in Hellersdorf schwer zu vermarkten, vermutet Wolf-Rüdiger Kehrer, bei Reihenhäusern sieht er das anders. Mehrere Dutzend Tagesstätten stünden wegen fehlenden Bedarfs leer, Stadtentwicklungsstadtrat Heinrich Niemann (PDS) kennt derzeit mindestens zwölf, die auf neue Nutzungen warten. Denn die Zahl der Kita-Kinder ist nicht nur in Hellersdorf ständig gesunken. Vor acht Jahren wurden hier noch 18 000 Kinder betreut, jetzt sind es nur noch etwa ein Drittel.

Besonders die gut erhaltenen Typen Halle und Berlin in zwei- bis dreigeschossiger Bauweise, mit klarer Gliederung der Grundrisse und Fassaden sowie großen Grundstücken bieten nach Ansicht des Architekten Kehrer und des Statikers Wolfgang Häcker einen fast idealen Anreiz zum Reihenhaus-Umbau. Im Typ Halle, mit Sockel und zwei Etagen, könnten elf Häuser von je 120 Quadratmeter Wohnfläche zuzüglich Garage und noch einmal die Hälfte der Fläche im Keller entstehen; der Typ Berlin, nicht unterkellert, dafür drei volle Etagen hoch, böte Platz für ebenfalls elf Häuser mit einer Wohnfläche von 180 Quadratmetern.

Pro Quadratmeter wurden Umbaukosten von 1600 bis 2000 Mark errechnet, zuzüglich fallen Vermarktungs- und Grundstückskosten an, wegen der insgesamt bis zu 8000 Quadratmeter großen Kita-Flächen ein beachtlicher Posten bei einem Verkehrswert von rund 460 Mark pro Quadratmeter.

Diese Kosten sind auch der Haken an der Sache; Bau-Investoren halten sich zurück. Der Bezirk wäre froh, von Verpflichtungen für die ertragslosen Immobilien befreit zu sein, ist aber gehalten, zum relativ hohen Verkehrswert zu verkaufen. So findet Stadtrat Niemann die Reihenhaus-Idee zwar "hochinteressant", doch das Problem der Finanzierung sei damit nicht gelöst. "Eine pauschale Regelung gibt es leider nicht".

Finanzstadtrat Matthias Stawinoga (SPD) aus Hohenschönhausen konnte allerdings bei der Senatsfinanzverwaltung erreichen, dass die Fläche für einen geplanten Kita-Umbau an der Zingster Straße möglicherweise um fast die Hälfte unter Verkehrswert an einen Bauherren verkauft werden darf. Er spricht von einem "historischen Durchbruch". Die Senatsverwaltung betont allerdings, die Verhandlungen seien noch im Gange; es werde sich in diesem Fall um eine Ausnahme handeln, der das Abgeordnetenhaus zustimmen müsse. Und auch der gerade gegründete Liegenschaftsfonds für landeseigene Immobilien werde nicht unter dem Verkehrswert verkaufen dürfen.

Pläne für Verkauf und Umnutzung überzähliger Kita-Gebäude im Ostteil - der Bedarf ging nach der Wende drastisch zurück - sind nicht neu; so entstand beispielsweise die Jugendfreizeitstätte "Helliwood". Kitas wurden auch an Vereine vermietet oder abgerissen, um neuen Häusern Platz zu machen. Seit 1997 überlegen Bezirk und Senat Nutzungskonzepte für insgesamt zehn Bautypen. An einer Studie im Auftrag des Senats beteiligte sich auch das Kreuzberger Büro. Es gehe, so der Architekt, nicht um die Erhaltung der Platte um jeden Preis; aber Berlin und Halle hätten eine Chance verdient.

Christian van Lessen

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