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Berlin: Klappsitze: Wettlauf mit der Zeit im Olympiastadion

Der Umbau des Olympiastadions nach den Vorgaben der Europäischen Fußballunion (UEFEA) wird für die beteiligten Firmen zu einem extremen Wettlauf gegen die Zeit. Der Beginn der Montagearbeiten mußte wegen Lieferschwierigkeiten verschoben werden.

Der Umbau des Olympiastadions nach den Vorgaben der Europäischen Fußballunion (UEFEA) wird für die beteiligten Firmen zu einem extremen Wettlauf gegen die Zeit. Der Beginn der Montagearbeiten mußte wegen Lieferschwierigkeiten verschoben werden. Als die Monteure am vergangenen Donnerstag mit dem Anschrauben der Sitze beginnen wollten, waren zwar Sitzschalen da, aber die Halterungen aus Metall fehlten. Am Montag morgen fiel endlich der verspätete Startschuß für die Arbeiten. "Die Zeit ist sehr kurz, ich bin mir aber sicher, daß es bis zum 11. August zu schaffen ist", sagte Sportstaatssekretär Klaus Löhe (SPD) bei einem Besuch des Olympiastadions.Geplant ist bislang, bis zum Abend des 10. August 36 000 neue Klappsitze einzubauen. Darauf sollen am 11. August Hertha-Fans Platz nehmen, wenn ihre Mannschaft in der Qualifikation zur Champions League gegen Slovan Bratislava aus der Slowakei oder Anorthois Famagusta aus Zypern aufläuft. Fest steht allerdings schon, daß das Freundschaftsspiel zwischen Hertha BSC und dem FC Barcelona am 6. August nicht im Olympiastadion stattfinden kann. Die Partie könne ins Jahn-Stadion verlegt werden, sagte Klaus Löhe.40 Monteure der Berliner Firma TKH Sitzplatzanlagen begannen am frühen Montag morgen mit der Arbeit. Bis zum Abend sollten 400 Stühle montiert sein. Die Einzelteile dafür waren gestern bereits geliefert, bis zum Abend wurden Sattelschlepper mit 1500 weiteren Sitzen im Stadion erwartet. Wo sonst Herthas Fußballer über den Rasen stürmen, war gestern nichts als das Rattern und Kreischen mehrerer Dutzend Bohrmaschinen zu hören. Schwaden von Betonstaub wehten über die Baustelle. Für jeden Stuhl mußten die Arbeiter dreimal in den Betonuntergrund bohren und erlebten dabei immer wieder Überraschungen. "Ich bin mehrfach auf die Stahlbewehrung gestoßen", sagte Monteur Jens-Uwe Lehnigk.Seine Kollegen, die 100 Meter weiter auf der Nordseite arbeiteten, fanden sogar Hohlräume im Beton. Oberbauleiter Manfred Immler zeigte sich davon nur wenig beeindruckt. Der Untergrund für die Sitze ist nach Immlers Worten zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Firmen gegossen worden. Stahl sei in Beton ebenso normal wie Hohlräume. Freilich erhöhe sich dadurch der Aufwand. Herthas ersten Auftritt in der Champions League am 11. August sah Immler nicht in Gefahr. "Keiner kann heute sagen, daß wir nicht fertig werden", sagte er.Immler räumte gleichwohl ein, daß die Zeit knapp wird. Geplant sei darum, auch an den Wochenenden zu arbeiten. Probleme sieht Immler bei großer Hitze. "In der Mittagszeit können es leicht 40 Grad werden, dann müssen wir längere Pausen machen und dafür nachts bei Scheinwerferlicht weitermachen." Wenn es richtig heiß wird, will Immler seine Männer von früh bis Mitternacht werkeln lassen, zwischendurch gibt es eine mehrstündige Siesta. Geplant ist auch, 20 zusätzliche Monteure ins Stadion zu holen. Von zwei Schichten oder gar durchgehender Arbeit im Drei-Schicht-Betrieb wollte der Oberbauleiter indes nichts wissen. "Wir schaffen es auch so", sagte er.Für den Fall aller Fälle hat sich der Senat abgesichert. "Im Vertrag steht, daß bis zum 11. August 36 000 Klappsitze montiert sein müssen", sagte gestern Senatsdirigent Johann-Michael Fischer von der Bauverwaltung. Der Bauexperte gab sich zuversichtlich, daß "täglich mindestens 2400 Klappsitze montiert werden können". Die Einzelteile werden in überdimensionalen Kartons auf Paletten von Lastwagen bis in die Nähe der Tribünen gebracht. Die letzte Lieferung ist laut Fischer für den 6. August vorgesehen. Bis dahin sollen die neuen Sitze je nach Baufortschritt geliefert werden.Freilich gibt es im Olympiastadion nicht nur Fußball, sondern auch Leichtathletik. Am 7. September soll das ISTAF über die Bühne gehen. "Die Mängel an der Laufbahn werden rechtzeitig behoben", versprach Klaus Löhe gestern. Berlin besteht auf Endspiel-ZusageDer DFB stellt sich hinter Beckenbauer, Löhe hält dagegenDes Kaisers Worte sind Gesetz, erst recht beim Deutschen Fußball-Bund (DFB): Äußerungen von DFB-Vizepräsident Franz Beckenbauer, im Falle der erfolgreichen Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 notfalls keine Spiele in Berlin stattfinden zu lassen, wurden gestern von Verbandsseite bekräftigt. Die Meinung von Franz Beckenbauer sei die des DFB, sagte der Pressesprecher des Verbandes, Michael Novak, am Montag dem Tagesspiegel.Wenn die Berliner bis zum Jahr 2006 kein adäquates Stadion zur Verfügung stellen könnten, dann würde man "halt im Rest der Republik spielen", hatte sich Beckenbauer gerade in einem Interview mit dem "Spiegel" zu dieser Frage geäußert. Er glaube allerdings nicht, "daß sich die Berliner das erlauben werden", ergänzte er.Durch die Äußerungen des DFB-Vizepräsidenten, der gleichzeitig Bewerbungschef für die Weltmeisterschaft 2006 ist, steigt nun der Druck auf den Senat. "Vielleicht wollten wir ja auch gerade das erreichen", sagte DFB-Pressesprecher Michael Novak. Noch sind sich Senat, Bundesregierung und Investoren in der Frage der Finanzierung des etwa 530 Millionen Mark teuren Umbaus des Olympiastadions allerdings nicht einig.Klaus Löhe, Staatssekretär in der Sportverwaltung, hat unterdessen kein Verständnis für Beckenbauers Äußerungen, wie er am Montag sagte. "Wir haben eine Zusicherung von DFB-Präsident Egidius Braun, daß das Endspiel in Berlin stattfindet, falls die Weltmeisterschaft nach Deutschland kommt. Auch Beckenbauer hat sich als Vizepräsident an die Beschlüsse des DFB zu halten."Beim Berliner Fußball-Verband (BFV) reagierte man auf die Äußerungen Beckenbauers dagegen recht gelassen. Man solle die Angelegenheit doch bloß nicht so hoch spielen, ließ BFV-Präsident Otto Höhne am Montag verlauten. cv

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